Schädel-Hirntrauma – wie ein Computer, der seine Daten verloren hat
23.10.2023
Schädel-Hirntrauma – wie ein Computer, der seine Daten verloren hat
14.000 Menschen erleiden jährlich ein schweres Schädel-Hirntrauma. „Wie ein Computer, der seine Daten verloren hat“ steht dafür, wie sich der 25-jährige Linus danach fühlte. Wir haben mit ihm und seiner Mutter Petra gesprochen. Wichtig für die Behandlung sind die Neuro-Rehabilitation und Angebote der Selbsthilfe, wie sie die Hirnstiftung gezielt fördert.
Linus‘ Geschichte ist Teil unserer Kampagne „Gehör für die Neurologie“, mit der wir auf neurologische Krankheiten, ihre Behandlungsmöglichkeiten und die kostenfreie Patientenberatung der Hirnstiftung aufmerksam machen möchten. Hier erfahren Sie mehr von Linus im Interview und weiter unten im Video:
Linus, was ist dir passiert?
Als Jugendlicher hatte ich in Australien einen schweren Autounfall mit einem Schädel-Hirntrauma. Ich saß auf der Beifahrerseite als ein großer Pickup unseren Kleinwagen frontal erwischte! Das war hart. Ich war drei Monate im Koma. Als ich aufwachte, war ich wieder in Deutschland. Ich habe acht Monate im Krankenhaus hinter mir und war fast eineinhalb Jahre in einer stationären Reha.
Petra, wie ging es dir, als du die Nachricht vom Unfall bekamst?
Erstmal war es ein großer Schock. Wir wussten nur, dass Linus in Lebensgefahr ist und dass wir ganz schnell kommen sollten. Die Ärzte dort wollten ihn eigentlich aufgeben und haben gesagt, dass er keine Chance mehr auf ein einigermaßen lebenswertes Leben habe. Sie haben uns eigentlich geraten, die Geräte abstellen zu lassen.
Kurz erklärt
Der Begriff Schädel-Hirntrauma (Trauma = Verletzung) steht für Gewalteinwirkungen auf den Kopf. Je nach Stärke reichen die Folgen von leichten Blessuren bis hin zu neurologischen Symptomen, wie Lähmungen, und auch bleibender Behinderung, Koma und Tod. Neuro-Rehabilitation ist ein wichtiger Baustein der Behandlung und kann verlorene Hirnfunktionen wieder verbessern. Entscheidend ist oft, wie sehr Betroffene dabei selbst mitwirken können und die Intensität des Trainings, das heute immer öfter durch Robotik unterstützt wird. Mehr
Was ist dann passiert?
Wir haben immer wieder gefragt, was wir machen können. Man kann ja nicht nur am Bett stehen und zuschauen, wie die Geräte piepen. Man hat uns gesagt, dass wir ihn anfassen, streicheln und mit ihm sprechen sollen. Wir haben gesungen, seine Musik und Sprachnachrichten abgespielt und alles Mögliche gemacht, um ihn irgendwie wieder zurückzuholen. Um ihm zu zeigen, dass wir da sind.
Als Linus nach Deutschland kam, begann dann auch schon die Reha?
Ja, man fängt damit sehr früh an. Linus wurde gleich am Anfang im Bett hingesetzt. Da war er noch gar nicht ansprechbar und konnte seinen Kopf nicht halten. Er wurde sogar hingestellt, zu dritt. Alles, um die alten Bewegungen wiederzuerwecken. Linus hatte ganz tolle Therapeuten. Die haben erklärt, was sie machen. Sie haben ihn angespornt, als wenn er bei Bewusstsein wäre.
Wir helfen Betroffenen bei Fragen
Bei der Deutschen Hirnstiftung finden Menschen wie Linus und seine Mutter schnelle und unbürokratische Hilfe. Dazu gibt es unsere kostenfreie medizinische Telefon- und Online-Beratung zu neurologischen Diagnosen und empfohlenen Therapien. Denn oft bleibt im medizinischen Alltag nicht genug Zeit, um Fragen dazu ausführlicher zu beantworten.
In der Früh-Reha war ich gar nicht motiviert. Zwei bis drei Therapien am Tag reichen eigentlich nicht aus, daher haben meine Eltern mit mir auch nachmittags noch viel geübt. Aber irgendwann habe ich die Fortschritte bemerkt und habe angefangen zu kämpfen. Meine Therapeuten haben mich motiviert und mir Mut gemacht. In guten Phasen genieße ich heute mein neues Leben richtig.
Warum unterstützt ihr die Deutsche Hirnstiftung bei der Kampagne?
Wir haben ganz oft erlebt, dass Menschen im Bett liegen gelassen werden. Ohne Angehörige, die sich um sie kümmern und fördern, enden sie vergessen auf irgendeiner Pflegestation in einem Altenheim. Wir glauben, die Deutsche Hirnstiftung kann dafür sorgen, dass diese Thematik an die Öffentlichkeit kommt. Damit Menschen, die so betroffen sind, wie Linus zum Beispiel, nicht aufgegeben werden.
Linus‘ Therapie fand unter anderem im Rehazentrum Ambulanticum in Herdecke statt, einem Mitglied der Deutschen Hirnstiftung. Dort erfahren Sie noch mehr zu Linus‘ Weg.
Linus und seine Mutter im Video:
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Die Neurologie macht rasante Fortschritte und viele Krankheiten lassen sich heute gut behandeln. Das will die Deutsche Hirnstiftung mit ihrer bundesweiten Kampagne „Gehör für die Neurologie“ zeigen und dabei ihr Beratungsangebot noch breiter bekannt machen.
In der Kampagne legen wir den Fokus auf drei neurologische Themenbereiche, die Millionen von Menschen jedes Jahr betreffen: Migräne, Schlaganfall und Schädel-Hirntrauma. Unterstützen Sie uns dabei!
Praxen und Kliniken können Plakate zu den Themen Migräne, Schlaganfall und Schädel-Hirntrauma in ihren Räumen aufhängen und Postkarten dazu auslegen. Sie machen damit ihre Patientinnen und Patienten auf diese Krankheiten, ihre Behandlungsmöglichkeiten und unser kostenfreies Angebot aufmerksam. Sie können die Materialien der Kampagne als Starterpaket kostenfrei bestellen.
Es gibt eine Reihe weiterer Möglichkeiten zum Mitmachen – vom Verteilen unserer Infoblätter zu neurologischen Krankheiten bis hin zu einer Spende oder Mitgliedschaft. Mit Ihrem Engagement für die Deutsche Hirnstiftung werden Sie Teil einer starken Gemeinschaft, die die Zukunft der Neurologie verändern will.
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Haben Sie neurologische Fragen? Wir beraten Betroffene kostenfrei online und am Telefon. Mitglieder der Deutschen Hirnstiftung werden bevorzugt beraten. Bitte wenden Sie sich dazu an: info@hirnstiftung.org oder 030 531 437 936 (Mo-Fr, 10-14 Uhr).
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