Schlaganfälle können weitreichende Folgen haben, auch psychisch. Gerade Depressionen sind für Erkrankte eine Last. Werden sie jedoch richtig erkannt, lassen sich viele gut behandeln.
Etwa ein Drittel aller Betroffenen entwickelt innerhalb des ersten Jahres nach einem Schlaganfall eine behandlungswürdige Depression, in Deutschland rund 90.000 Menschen im Jahr.
Oft passiert das erst nach Monaten, wenn das Schlimmste einigermaßen überwunden scheint. Viele Erkrankte und insbesondere Angehörige fühlen sich dann geradezu überrumpelt.
„Selbst die Enkelkinder bereiteten ihr keine Freude mehr“
So war es auch bei Ilona Y. aus München. Nach der Schlaganfall-Reha waren die körperlichen Symptome deutlich besser geworden und von ihrer halbseitigen Lähmung kaum noch etwas zu sehen.
Aber in den folgenden Wochen fiel es der 64-Jährigen immer schwerer, sich für normale Dinge des Alltags aufzuraffen. Selbst die Enkelkinder bereiteten ihr keine Freude mehr.
Depression: wenn negative Emotionen überhandnehmen
Oft sind solche Gefühle ein normaler Begleiter beim Verarbeiten des Schlaganfalls. Das braucht etwas Zeit und kann erst geschehen, wenn sich die Dinge wieder ein wenig „gelegt“ haben und Ruhe eingekehrt ist.
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Mitunter nehmen dabei aber eine ängstliche Verunsicherung, Zukunftsangst, Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit überhand. Dann ist es ratsam, eine Depression als Reaktion auf den Schlaganfall in Betracht zu ziehen.
Eine depressive Erkrankung sollte stets fachärztlich und psychotherapeutisch begleitet werden. Diesen Weg sollte man einschlagen, wenn die Symptome mit der Zeit trotz vertrauensvoller Gespräche mit Familie oder Freunden nicht abnehmen.
Die erste Anlaufstelle für die Behandlung ist die Hausarztpraxis oder der behandelnde Neurologe. Bei großer innerer Unruhe, Gedankenrasen oder Schlafstörungen können parallel zur Psychotherapie auch Antidepressiva helfen.
Wann eine Therapie bei Depressionen sinnvoll ist
Zuweilen kommt es vor, dass Erkrankte trotz dieser Behandlung weiterhin Gefühle von anhaltender Erschöpfung oder Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen haben.
Der Grund können dann direkte Folgen des Schlaganfalls sein. Neben körperlichen Einschränkungen kann dieser auch die kognitive Leistungsfähigkeit sowie das emotionale Erleben und Verhalten nachhaltig stören.
Für andere Menschen sind solche Störungen im Alltag der Betroffenen kaum nachvollziehbar. Feststellen kann man sie mit einer sogenannten neuropsychologischen Untersuchung.
Viele eingeschränkte Hirnleistungen lassen sich dann wieder mit einer abgestimmten Therapie verbessern. Gesetzlich Krankenversicherte haben innerhalb der ersten fünf Jahre nach dem neurologischen Krankheitsfall einen Anspruch auf 60 Stunden ambulante neuropsychologische Behandlung.
Ein Beitrag von: Dr. phil. Caroline Kuhn, Fachbeirätin der Deutschen Hirnstiftung, Akademische Direktorin und Leitung der Neuropsychologischen Universitätsambulanz an der Universität des Saarlandes (Mitglied der Deutschen Hirnstiftung)