11.12.2023

Aphasie: Definition, Symptome und Formen

Aphasie-Patientin beim Sprachtraining © wanderluster / Getty Images via canva.com

In Deutschland leben über 100.000 Menschen mit einer Aphasie – eine Sprachstörung, die häufig nach einem Schlaganfall auftritt [1]. Jährlich erkranken etwa 25.000 Menschen neu daran. Wir erklären, was eine Aphasie ist, welche Symptome und Formen sie hat und welche Therapie es gibt.

Wichtig: Wenn eine Aphasie akut auftritt, ist das ein ernstes Warnsignal für einen Schlaganfall. Man sollte dann umgehend den Rettungsdienst rufen.

Unser Beitrag im Überblick:

Wie ist die Definition von Aphasie?

Aphasie ist eine erworbene Störung der Sprache, die aufgrund einer Hirnschädigung auftritt. Die Störung kann sowohl die gesprochene Sprache als auch das Lesen und Schreiben betreffen.

Ursachen einer Aphasie können Schädigungen oder Erkrankungen im sogenannten Sprachnetzwerk des Gehirns sein, das das Produzieren und Verstehen von Sprache steuert.

  • Mögliche Auslöser sind ein Schlaganfall, eine schwere Gehirnerschütterung (Schädel-Hirntrauma), ein Hirntumor, Entzündungen im Gehirn, Sauerstoffmangel oder auch eine Demenzerkrankung.
  • Eine Aphasie entsteht meist, wenn die linke Hirnhälfte von einer Erkrankung betroffen ist. Hier liegen bei Rechtshändern und etwa zwei Drittel der Linkshänder die Regionen des Sprachnetzwerks.

Betroffene haben mehr oder weniger große Probleme sich auszudrücken und andere Menschen zu verstehen.

  • Das hat eine enorme Bedeutung für die sozialen Kontakte, das Aufnehmen von Informationen und sogar für jene eigenen Gedanken, die ebenfalls von Sprache abhängig sind.
  • Meist sind die geistigen Fähigkeiten der Betroffenen aber nicht beeinträchtigt. Das beinhaltet Denken, Wissen und Erinnern genauso wie Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Analysieren oder Problemlösefähigkeit.

Je nachdem, welche Region im Sprachnetzwerk wie stark geschädigt ist, zeigen sich charakteristische Symptome und Formen der Aphasie.

Bei einem Teil ist vor allem das Verstehen von Sprache, Lesen und Schreiben gestört. Beim anderen ist besonders das Erzeugen von Sprache beeinträchtigt. Häufig haben Betroffene eine Kombination der Symptome verschiedener Formen der Aphasie. Mehr zum Sprachnetzwerk

Welche Symptome der Aphasie gibt es?

Von einer Aphasie können alle Aspekte der Sprache betroffen sein, also Gedanken aussprechen und aufschreiben genauso wie Gehörtes und Gelesenes verstehen. Auch Gestik und Mimik können begleitend zur Aphasie eingeschränkt sein und die Kommunikation erschweren.

Sprache erzeugen

Das verbale Erzeugen von Sprache ist bei allen Betroffenen beeinträchtigt. Je nach Form der Aphasie reicht das von vereinzelten Wortfindungsstörungen bis hin zu Menschen, die vollkommen stumm sind. Einige Erkrankte sprechen stockend und mit Mühe, aber in einer Art Telegrammstil. Andere sprechen flüssig, aber ohne inhaltlichen Zusammenhang.

Sprache verstehen

Gesprochenes können Betroffene bei einem Teil der Aphasie-Formen meist gut verstehen, oft aus dem Zusammenhang heraus. Bei anderen Aphasie-Formen ist das Sprachverständnis stark beeinträchtigt bis schwer gestört. Erkrankte verstehen die Bedeutung von Wörtern und Sätzen meist nicht mehr oder nur im alltäglichen Kontext („situatives Sprachverständnis“).

Lesen und Schreiben

Die Beeinträchtigungen beim Erzeugen und Verstehen von Sprache zeigen sich meist auch in der Schriftsprache, also beim Lesen und Schreiben. Darüber hinaus können das Lesen und Schreiben gesondert beeinträchtigt sein. Dies nennt man Alexie (Lesestörung) und Agraphie (Schreibstörung). Betroffene erkenne Wörter möglicherweise nicht mehr als Ganzes, sondern müssen sie mühsam Buchstabe für Buchstabe lesen.

Sprachstörungen und Sprechstörungen

Aphasien sind Sprachstörungen, keine Sprechstörungen. Bei einer Sprachstörung ist die Fähigkeit gestört, Sprache zu erzeugen und ihren Sinn zu verstehen. Bei einer Sprechstörung ist die motorische Ausführung von Sprechbewegungen beeinträchtigt, wie etwa bei der Dysarthrie (auch Dysarthrophonie genannt).

Grund dafür können ebenfalls Schädigungen oder Erkrankungen des Gehirns sein. Die Unfähigkeit, sprechmotorische Bewegungen zu planen, führt wiederum zur Sprechapraxie, die allerdings häufig zusammen mit einer Aphasie auftritt.

Welche Formen der Aphasie gibt es?

Je nachdem, wie stark welche Hirnregion im Sprachnetzwerk beeinträchtigt ist, kann man Aphasie in vier Hauptformen unterscheiden. Sie lassen sich mithilfe von Tests feststellen.

Überblick:

Funktion des Sprachnetzwerks

Den Kern des Sprachnetzwerks bilden zwei Hirnregionen: das Wernicke-Areal und das Broca-Areal. Beide Areale stehen über Faserverbindungen miteinander in Kontakt und bilden ein interaktives Netzwerk.

  • Stark vereinfacht dargestellt, ist das Wernicke-Areal eher für das Verstehen von Sprache zuständig. Ist dieses geschädigt, wie bei der gleichnamigen Wernicke-Aphasie, ist das Sprachverständnis beeinträchtigt.
  • Das Broca-Areal wiederum ist eher für das Sprechen verantwortlich. Bei der Broca-Aphasie ist daher das Sprechen gestört. Mitunter gibt es auch Ausfälle in beiden Bereichen und dadurch Mischformen.

Neben dem Sprachnetzwerk sind für das Sprechen und Verstehen von Sprache viele weitere Hirnareale wichtig. Wenn sie betroffen sind, kann es ebenfalls zu einer Aphasie kommen. Eine weitere Rolle für die Ausprägung der Aphasie spielt die Größe des betroffenen Hirnareals.

Häufig haben Betroffene eine Kombination der Symptome verschiedener Formen der Aphasie.

Amnestische Aphasie: Suche nach Worten

  • Menschen mit Amnestischer Aphasie finden häufig nicht das richtige Wort. Ihr Gegenüber verstehen sie meist ohne Probleme. Die Kommunikation ist leicht bis mittelgradig gestört.
  • Bei einer Amnestischen Aphasien ist der untere Schläfenlappen am Übergang zum Scheitellappen des Gehirns geschädigt.

Sprachfluss insgesamt unauffällig

Erkrankte können sich verständlich artikulieren. Ihr Sprachfluss ist insgesamt unauffällig, mit vereinzelten Wortfindungsstörungen. Dadurch kommt der Sprachfluss jedoch immer wieder ins Stocken mit größeren Sprechpausen oder Satzabbrüchen im ansonsten fast normalen Sprachfluss.

Nutzen von Umschreibungen

Häufig versuchen Betroffene, Alternativen für die fehlenden Wörter zu finden durch leicht abweichende Wortersetzungen und Umschreibungen (etwa „das Ding, aus dem man Wasser trinkt“) oder durch Platzhalter („der da“). Oft ist wird Sprechen dadurch weitschweifend („Ja, also … an dem Tag in … ähm … wie heißt das noch …).

Sprachverständnis fast ungestört

Menschen mit Amnestischer Aphasie können Gesprochenes meist gut verstehen und sind auch beim Lesen und Schreiben kaum beeinträchtigt. Das gilt ebenfalls für den Umgang mit Zahlen.

Broca-Aphasie: Sprechen im Telegrammstil

  • Menschen mit Broca-Aphasie können sprachliche Äußerungen nur sehr mühsam und stockend im Telegrammstil formulieren. Ihr Gegenüber verstehen sie oft recht gut. Die Kommunikation ist mittelgradig bis schwer gestört.
  • Bei einer Broca-Aphasie ist das Sprachnetzwerk im Stirnlappen des Gehirns (Broca-Areal) geschädigt. Diese Aphasieform ist nicht mit einer sogenannten Dysarthrie (auch Dysarthrophonie genannt) zu verwechseln.

Sprachfluss kurz und telegrammartig

Menschen mit Broca-Aphasie sprechen oft wenig und spontan von sich aus meist gar nicht. Der Sprachfluss ist oft mühsam und stockend, geprägt von vielen Sprechpausen und kurzen, unvollständigen Sätzen und Wortketten.

Grammatik und Wörter entstellt

Der Satzbau ist bei Broca-Aphasie vereinfacht. Wörter sind meist nach thematischer Wichtigkeit geordnet und nicht in grammatikalischer Reihenfolge (Agrammatismus). Auch haben Betroffene Wortfindungsstörungen und verwechseln häufig Laute (etwa „Meskel“ statt „Messer“).

Sprachverständnis weitgehend erhalten

Betroffene können Gesprochenes oft gut verstehen. Beim Lesen, Schreiben und im Umgang mit Zahlen zeigt sich häufig die gleiche telegrammartige Störung wie beim Sprechen.

Wernicke-Aphasie: verworrene Sprache

  • Menschen mit Wernicke-Aphasie haben oft eine verworrene Sprache ohne inhaltlichen Zusammenhang. Ihr Gegenüber verstehen sie meist nur teilweise oder gar nicht. Die Kommunikation ist mitunter schwer gestört.
  • Bei einer Wernicke-Aphasie ist das Sprachzentrum im hinteren Schläfenlappen des Gehirns (Wernicke-Areal) geschädigt.

Sprachverständnis stark beeinträchtigt

Das Sprachverständnis ist meist stark beeinträchtigt. Das kann gesprochene Worte als auch Lesen, Schreiben und Zahlen betreffen. Betroffene erkennen dennoch Sprachmelodie und Mimik und so zum Beispiel, ob eine Frage gestellt wurde.

Einige Betroffene bemerken ihre eigene Sprachstörung (und andere Defizite) nicht. Dies nennt man Anosognosie und ist eine Begleitstörung, die bei der Wernicke-Aphasie öfter auftritt als bei anderen Formen.

Sprache flüssig, aber verworren

Betroffene sprechen oft flüssig und die Wörter sprudeln geradezu aus ihnen heraus. Die Sprache ist aber oft verworren und ohne inhaltlichen Zusammenhang. Bei einigen Erkrankten ist die Störung so stark, dass sie nur unverständliches Kauderwelsch äußern oder inhaltsarme Floskeln wiederholen.

Menschen mit Wernicke-Aphasie verändern auch oft die Lautstruktur von Wörtern. Sie lassen dabei Laute aus, stellen sie um oder ergänzen neue (etwa „Aum“ statt „Baum“, „Vergewandte“ statt „Verwandte“). Sie verwechseln Wörter (zum Beispiel „Gewicht“ statt „Blei“) oder erfinden neue („Der Himmel ist blamp“).

Die Sätze ergeben oft keinen Sinn („Es geht mir gelb“) und sind zudem auffallend lang, oft falsch aufgebaut oder stark ineinander verschachtelt (Paragrammatismus). Betroffene verbinden Satzteile falsch, brechen sie ab oder wiederholen sie (etwa „Er weiß jetzt gerade nicht sagen jetzt gerade nicht“).

Häufig vermutet man bei den Betroffenen fälschlicherweise zunächst eine Denkstörung, da sie verwirrt erscheinen. Das sind sie jedoch nicht. Sie sind nur nicht in der Lage, ihren Gedanken einen geordneten Ausdruck zu verleihen.

Globale Aphasie: Sprachautomatismen ohne Sinn

  • Menschen mit einer Globalen Aphasie können sich sprachlich kaum äußern. Ihr Gegenüber verstehen sie oft gar nicht. Die Kommunikation ist schwer bis sehr schwer gestört.
  • Bei einer globalen Aphasie sind im Gehirn meist Teile des Stirn-, Schläfen- und Scheitellappens in Kombination geschädigt. Das kann etwa durch einen Schlaganfall oder Hirntumor geschehen.
  • Sie ist die schwerste Form der Aphasie.

Sprachverständnis schwer gestört

Das Verstehen von Sprache, Lesen und Schreiben sind meist schwer gestört. Die Verständigung ist kaum oder gar nicht mehr möglich. Die Betroffenen verstehen bestenfalls sehr einfache Aufforderungen.

Sprachfluss sehr eingeschränkt

Betroffene sind meist vollkommen stumm oder der Sprechfluss ist stark auf einzelne sinnlose Wörter eingeschränkt. Einige nutzen Bruchstücke von Wörtern, sich wiederholende Silben wie („dadada“) oder Floskeln („meine Güte“). Diese Sprachautomatismen werden oft ohne Bezug zum Gespräch geäußert.

Sonderformen der Aphasie

Neben den vier Hauptformen der Aphasie gibt es einige Sonderformen. Zu diesen gehört die Leitungsaphasie, bei der es zu einer schweren Störung des Nachsprechens kommt. Das Verständnis ist nur leicht eingeschränkt. Eine andere Form ist die transkortikale Aphasie. Hier ist wie bei der Wernicke-Aphasie das Verständnis stark gestört, aber das Nachsprechen herausragend gut erhalten.

Welche aphasie-ähnlichen Kommunikationsstörungen gibt es?

Zusammen mit einer Aphasie tritt häufig eine Dysarthrie (auch Dysarthrophonie genannt) oder eine Sprechapraxie auf. Hier sind die motorischen Funktionen des Sprechens gestört – anders als bei den Aphasien, wo diese nicht beeinträchtigt ist. Eine genaue Unterscheidung ist für Therapie wichtig.

Dysarthrie

  • Menschen mit einer Dysarthrie sprechen häufig langsam, mit sichtbarer Anstrengung und müssen häufig Luft holen. Die Aussprache ist undeutlich, die Stimme ist heiser oder leise.
  • Das Sprachverständnis ist bei einer Dysarthrie nicht beeinträchtigt. Ihr Gegenüber verstehen Betroffene daher ohne Probleme. Die Kommunikation ist je nach Schwere der Dysarthrie leicht bis sehr schwer gestört.
  • Bei einer Dysarthrie sind Muskeln gestört, die man zum Sprechen braucht. Dies kann sowohl Atmung und Kehlkopf als auch Mund, Lippen und Zunge betreffen.
  • Eine Dysarthrie kann durch verschiedene neurologische Erkrankungen ausgelöst werden, darunter Schlaganfall und schwere Gehirnerschütterung (Schädel-Hirn-Trauma). Anders als eine Aphasie kann sie auch angeboren sein.
  • Dysarthrien sind häufiger als Aphasien: Betroffen sind zwischen 15 und 30 Prozent der Schlaganfall-Erkrankten. Nach einem Schädel-Hirn-Trauma liegt der Anteil in den ersten Wochen nach dem Trauma (Akutphase) bei 30 bis 50 Prozent [2].

Häufig vermutet man bei den Betroffenen fälschlicherweise zunächst Vergiftungen, wie z. B. einen Alkohol- oder Drogenrausch, oder eine geistige Behinderung.

Sprechapraxie

  • Menschen mit einer Sprechapraxie haben große Schwierigkeiten, die gewünschten Laute flüssig auszusprechen. Dabei machen sie sichtbar suchende Bewegungen mit Lippen und Zunge, lassen Laute aus, vertauschen oder ersetzen sie.
  • Das Sprechen ist angestrengt, stockend, verlangsamt mit vielen Pausen oder nur geflüstert. Möglich sind Phasen, in denen die Störung nicht auftritt.
  • Das Sprachverständnis ist bei einer reinen Sprechapraxie gut erhalten. Ihr Gegenüber verstehen Betroffene dann entsprechend. Die Kommunikation ist je nach Schwere der Sprechapraxie leicht bis sehr schwer gestört.
  • Hintergrund einer Sprechapraxie ist eine gestörte Planung der Bewegungsabläufe der Sprech- und Stimm-Muskulatur. Betroffene wissen, wie Laute gebildet werden, können sie aber nicht mehr fehlerfrei artikulieren.
  • Sprechapraxien kommen durch eine Schädigung bestimmter Hirnareale zustande, die in der Nähe der Sprachzentren liegen, etwa durch Schlaganfall, schwere Gehirnerschütterung (Schädel-Hirn-Trauma) oder Entzündungen im Hirn. Etwa ein Drittel der Schlaganfall-Betroffenen haben geschätzt eine Sprechapraxie [3]. Häufig tritt sie zusammen mit einer Aphasie

Welche Ursachen hat Aphasie?

Häufige Ursachen für eine Aphasie sind Durchblutungsstörungen der linken Gehirnhälfte nach einem Schlaganfall. Teile des Hirns erhalten dann nicht mehr ausreichend Sauerstoff, sodass Gehirnzellen absterben. Hirnblutungen, Hirntumore oder epileptische Anfälle können ebenfalls zu Aphasie führen. Auch Schädel-Hirn-Verletzungen durch Unfälle sind eine mögliche Ursache.

Ursache Schlaganfall

Mit etwa 80 Prozent die häufigste Ursache einer Aphasie sind Schlaganfälle, die in Deutschland rund 270.000 Menschen im Jahr treffen. Bei rund einem Drittel aller erstmaligen Schlaganfälle kommt es danach zu einer Aphasie, die sich in den ersten vier Wochen oft wieder legt. Bei etwa 20 Prozent der Betroffenen bleibt die Sprachstörung nach einem Schlaganfall dauerhaft [3].

Ursache Schädel-Hirn-Trauma

Etwa zehn Prozent der Aphasien sind Folge einer schweren Gehirnerschütterung (Schädel-Hirn-Trauma), also einer Hirnverletzung, wie sie etwa durch einen Schlag auf den Kopf oder einen Unfall auftritt. Gerade Kinder sind davon häufiger betroffen.

Ursache Hirntumore, Entzündungen im Gehirn, Sauerstoffmangel

Rund sieben Prozent der Aphasien entstehen durch Hirntumore. Sie können Druck auf die Areale ausüben, die für die Sprache zuständig sind. Wenn sie wachsen, verschlimmert sich die Aphasie möglicherweise entsprechend. Weitere drei Prozent aller Aphasien sind auf Entzündungen im Gehirn oder Sauerstoffmangel zurückzuführen.

Ursache Demenz

Aphasien treten auch bei Erkrankungen auf, die das gesamte Gehirn betreffen. Dazu gehören Demenzerkrankungen, bei denen sich im Verlauf der Krankheit die Sprache schrittweise verändert. Sie kann mit der Zeit weniger ausdrucksstark werden und im Verlauf ganz verschwinden. Eine Sonderform der Demenz, bei der die Sprachstörung im Vordergrund steht, ist die primär progressive Aphasie. An dieser leidet mutmaßlich der Schauspieler Bruce Willis.

Andere Ursachen

Bei Erkrankungen, die die Hirnfunktionen stören, wie zum Beispiel Unterzuckerung oder schwere Infektionen, kann neben allen anderen Hirnleistungen auch die Sprache gestört sein. Hier ist die Aphasie meist nicht das einzige Symptom. Weitere neurologische Störungen treten hinzu, wie Lähmungen oder Störungen des Bewusstseins.

Ist Aphasie heilbar? Welche Therapie gibt es?

Die Entwicklung der Aphasie hängt stark von der Ursache und dem Ausmaß der Hirnstörung ab. Schwere Aphasien durch einen großen Schlaganfall verbessern sich zum Beispiel nicht so stark wie leichte Störungen nach einer stärkeren Gehirnerschütterung. Auch die Händigkeit hat einen Einfluss auf den Verlauf – linkshändige Personen erholen sich besser als Rechtshänder.

In vielen Fällen ist eine Aphasie gut behandelbar oder bildet sich im Verlauf sogar allein zurück. In den ersten vier Wochen verschwinden die Symptome bei etwa einem Drittel der Betroffenen wieder [3].

Sprachtherapeutisches Training (Logopädie)

In den anderen Fällen hilft vielfach ein sprachtherapeutisches Training (Logopädie), das so früh wie möglich beginnen sollte. In einer bis sechs Wochen nach der Hirnschädigung führt das in 80 Prozent der Fälle führt zu einer Verbesserung verglichen mit Betroffenen ohne diese Behandlung.

Spätestens nach vier bis sechs Monaten sind die Symptome weitgehend stabil (chronisch) und die Erfolge des logopädischen Trainings nehmen ab. Aber auch dann sind messbare Verbesserungen möglich. Die Therapie kann Betroffene daher über Monate bis hin zu mehreren Jahren begleiten und mehrmals pro Woche nötig sein, um Verbesserungen auch in der chronischen Phase zu erzielen.

  • Mit der Sprachtherapie sollen in erster Linie die sprachlichen Fähigkeiten gebessert werden, um die Kommunikation im Alltag und damit die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die Behandlung richtet sich danach, welche sprachlichen Fähigkeiten wie stark beeinträchtigt sind.
  • Ist vor allem das Sprechen betroffen, wird beispielsweise der Aufbau grammatikalisch korrekter, einfacher Sätze trainiert. Andere Übungen bestehen etwa darin Bilder und Begriffe zuzuordnen oder vorgegebene Worte und Sätze nachzusprechen.
  • Computerprogramme oder Apps unterstützen die Sprachtherapie heute und lassen sich auch zum eigenständigen Üben zuhause einsetzen. Wenn die Betroffenen sich wieder besser verständigen können, ist oft auch ein Gruppentraining sinnvoll. Hier kann man Alltagskommunikation trainieren, etwa in Dialogen oder Rollenspielen.

Weitere Unterstützung

Ergänzend zur Logopädie bietet sich in bestimmten Fällen eine neuropsychologische Therapie an, die hilft mit kognitiven Einschränkungen zurecht zu kommen oder Gedächtnis und Aufmerksamkeit zu verbessern.

Als Hilfsmittel für den Umgang im Alltag gibt es bei Aphasie zum Beispiel Tafeln mit Symbolen, auf die Betroffene zeigen können. Darauf sind zahlreiche Lebensbereiche repräsentiert, was die Verständigung erleichtert.

Moderne Handys können die Kommunikation bei erhaltener Schreib- und Lesefähigkeit erleichtern und mit Sprachausgabe (Text-to-Speech) auch mündliche Kommunikation ermöglichen.

Wie geht man am besten mit Aphasie-Betroffenen um?

Die Sprachstörung ist für Betroffene und ihr Umfeld eine Herausforderung. Doch es gibt Wege, die den Umgang erleichtern.

  • Betroffene sind manchmal selbst wenig alarmiert über die plötzliche Sprachstörung. Besonders bei der Wernicke-Aphasie kann die Einsicht in die Sprachstörung völlig fehlen. Wenn sie dann niemand versteht, kann das zu einer starken Aufregung bei den Erkrankten führen.
  • Zudem ist es äußerst frustrierend für Betroffene, wenn sie laufend korrigiert werden. Es hilft daher, das Gesagte in eigenen Worten zu wiederholen, um sicherzustellen, dass die Äußerung des Betroffenen richtig verstanden wurde.
  • Im Gespräch empfiehlt es sich, die Sätze immer kurz und einfach zu halten und den Betroffenen ausreichend Zeit zum Verarbeiten zu geben. Gleichzeitig sollten Angehörige und Freunde nicht davon ausgehen, dass Betroffene im Gespräch alles verstehen, auch wenn es so wirkt.
  • Menschen mit Aphasie brauchen vor allem Verständnis für ihre Situation. Es ist enorm wichtig, einfühlsam mit ihnen umzugehen und die Sprachstörung immer im Blick zu haben. Hier sind Geduld und ein ruhiges, störungsarmes Umfeld wichtig.

Menschen mit Aphasie vereinsamen sehr schnell. Helfen kann daher, regelmäßig soziale Aktivitäten anzubieten und hierzu zu ermutigen. Das sollte mit Pausen und Erholungsmöglichkeiten abwechseln, denn die Belastung für das geschädigte Gehirn ist dabei hoch.

Zudem kann die Belastbarkeit von Tag zu Tag stark schwanken. Dennoch ist das Bedürfnis nach zwischenmenschlicher Kommunikation bei Menschen mit Aphasie nicht geringer als bei anderen Menschen auch. Sie haben nur einen Teil der Fähigkeit dazu verloren.

Beratung und Unterstützung vor Ort

Beratung und Unterstützung finden Erkrankte und Angehörige oft vor Ort in spezialisierten Zentren und in Gruppen mit anderen Betroffenen. Der Bundesverband Aphasie bietet dazu eine bundesweite Übersicht mit regionalen Aphasiezentren und Selbsthilfegruppen. Letztere bieten vielfältige Betätigungen. In Berlin trat der dort ansässige Aphasiker-Chor des Berliner Aphasiker-Landesverbandes zum Beispiel beim 30-jährigen Geburtstag der Stiftung Deutsche Schlaganfallhilfe im November 2023 auf.


Haben Sie neurologische Fragen? Wir beraten Betroffene kostenfrei online und am Telefon. Mitglieder der Deutschen Hirnstiftung werden bevorzugt beraten. Bitte wenden Sie sich dazu an: info@hirnstiftung.org oder 030 531 437 936 (Mo-Fr, 10-14 Uhr).

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