22.05.2023

Schlafstörungen – was tun, wenn man nicht schlafen kann?

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Die Gründe für schlechten Schlaf sind mannigfaltig. Es gibt klare biologische, genetische und äußere Faktoren und auch die Fähigkeit zu schlafen, ist individuell sehr unterschiedlich. Gegen dauerhafte Schlafstörungen aber kann jeder Mensch etwas tun.

Der Artikel im Überblick:

Warum ist Schlaf so wichtig?

Schlaf ist eine biologische Funktion, die für unser Gehirn und für unseren Körper von fundamentaler Wichtigkeit ist. Einerseits um ausreichend Erholung geistiger und körperlicher Art zu gewährleisten, andererseits um wichtige Lernprozesse für das Gehirn zu ermöglichen.

Lernen wäre ohne Schlaf nicht möglich. Ebenso wäre jegliche Form der körperlichen Entwicklung, des körperlichen Regenerierens und auch der körperlichen Leistungsfähigkeit ohne Schlaf nicht möglich.

Gesunder Schlaf ist auch von großer Bedeutung für körperliche und geistige Gesundheit. Das heißt, sollten verschiedene Aspekte des gestörten oder des krankhaften Schlafes vorliegen, haben wir bekanntermaßen ein höheres Risiko, körperlich oder auch seelisch zu erkranken.

Was ist eine Schlafstörung?

Die unterschiedlichen Formen von gestörtem Schlafenkönnen können sich durch erschwertes Einschlafen oder unzureichendes Durchschlafen zeigen. Sie werden im schlafmedizinischen Bereich als Schlafprobleme oder kurzfristige Phase der Schlafstörungen bezeichnet. Wichtig ist: Kurzfristige Schlafstörungen sind nicht gefährlich und nicht sofort ein Hinweis, dass sich in Zukunft eine chronische Schlafstörung entwickelt.

Chronische Schlafstörungen sind dauerhafte Störungen des Schlafes, die als Krankheitsbild der Insomnie bekannt sind. Für dauerhafte Schlafstörungen in Form einer Erkrankung muss eine 3-monatige Phase des gestörten Schlafens bestehen mit einer entsprechenden Verschlechterung der Tagesaktivität und der Leistungsfähigkeit am Tage.

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Welche Ursachen haben Schlafstörungen?

Die Fähigkeit einzuschlafen ist eine natürliche, biologische Funktion. Die Hirnaktivität muss zum Einschlafen durch körpereigene Vorgänge eine besondere Regulierung erfahren, die sich durch eine Verlangsamung der Hirn-Wellen und eine zunehmende Entspannung der Muskulatur zeigt. Die Mechanismen, die dazu führen, sind zum Teil unbekannt.

  • Schlaffähigkeit individuell sehr unterschiedlich

Warum die individuelle Fähigkeit ein- und durchzuschlafen entweder vorübergehend oder chronisch gestört ist, ist häufig nicht im Einzelnen zu erklären. Es ist jedoch wissenschaftlich gut gezeigt, dass Einschlafen, Schlaflänge und die Häufigkeit aus dem Schlaf zu erwachen sehr individuell festgelegt ist. Die Grundlagen für diese Festlegung sind in erster Linie genetische und biologische Faktoren. Die Veranlagung auf äußere Reize besonders empfindlich in Form mit Aufwachen zu reagieren, ist ebenso individuell sehr unterschiedlich.

  • Körperliche und seelische Faktoren

Zu einer Veränderung des Schlafverhaltens beim Einschlafen oder Durchschlafen kann es zum einen durch körperliche und seelische Faktoren kommen. Das können soziale Belastungen, körperliche Belastung durch Krankheiten oder besonderen seelischen Situationen mit Aufregung oder Ängsten sein. Auch Phasen der hormonellen Umstellung sind wichtige Faktoren, wie zum Beispiel die Pubertät oder die Menopause.

  • Äußere Umstände

Zum anderen ist Einschlafen mit den äußeren Umständen verbunden. Eine laute Umgebung, eine sehr helle Umgebung, eine sehr warme oder sehr kalte Umgebung können Faktoren sein, die das Einschlafen erschweren. Ebenso gibt es Nahrungsmittel, wie zum Beispiel Koffein, Teein oder auch Medikamente, die das Einschlafen erschweren können.

Warum können Menschen mit Schlafstörungen trotz Müdigkeit oft nicht einschlafen?

Menschen mit Schlafstörungen oder Schlafproblemen sind am nächsten Tag müde. Das heißt aber nicht, dass sie abends dann besser einschlafen. Man unterscheidet dazu in der Schlafmedizin die Müdigkeit von der echten Schläfrigkeit. Müdigkeit entspricht einer Erschöpfung, dem Wunsch zu schlafen oder auch einer verminderten Leistungsfähigkeit. Schläfrigkeit bedeutet, dass man jederzeit einschlafen kann.

Es gibt bislang keine guten Erklärungen, warum Menschen mit einer chronischen Schlafstörung, wie es die Krankheit Insomnie darstellt, trotz der empfundenen Müdigkeit nicht einschlafen können. Warum der Mechanismus in den Schlaf zu fallen bei Menschen gestört sein kann, ist biologisch als auch sozial oder elektrophysiologisch, zum Beispiel durch Schlaflabor-Untersuchungen, nicht eindeutig zu erklären.

Warum können Menschen mit Schlafstörungen nicht durchschlafen?

Durchschlafstörungen sind mindestens dreimal häufiger sind als die reinen Einschlafstörungen. Es gibt jedoch immer wieder Menschen, die auch beide Formen der Schlafstörungen berichten.

Durchschlafen ist ebenso durch die oben genannten Mechanismen geregelt (siehe oben „Welche Ursachen haben Schlafstörungen?“). Häufig berichten Menschen, die an Durchschlafstörungen leiden, dass sie sehr schnell einschlafen, dann aber nach 3 – 4 Stunden aufwachen und so wach sind, dass sie nicht daran denken können wieder einzuschlafen.

Nächtliches Wachsein kann dann Stunden dauern oder sogar dazu führen, dass Menschen nach der ersten Phase des Schlafens aufstehen, weil sie sagen, sie könnten dann nicht weiterschlafen. Die Durchschlafstörungen sind ebenso wie die Einschlafstörungen mit einer Verminderung der Tagesaktivität und Verschlechterung der Leistungsfähigkeit verbunden.

Biologisch ist bislang gar nicht bekannt, warum Ein- und Durchschlafstörungen unterschiedlich sind.

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Was tun bei dauerhaften Schlafstörungen?

Immer wieder stellt sich die Frage, was für das bessere Schlafen getan werden kann. Schlafhygienische Maßnahmen wären die Regelmäßigkeit von Wachheit und Schlafen zu überprüfen. Das heißt regelmäßige Zubettgehzeiten, regelmäßige Aufstehzeiten und vor allen das Meiden von Nahrungsmitteln und Medikamenten, die das Einschlafen erschweren.

  • Typisches Verhalten ändern

Für Menschen, die immer wieder schlecht schlafen, zeigt sich oft ein typisches Verhalten. Nach einer schlechten Nacht wird eher früher ins Bett gegangen, in der Hoffnung man könne mehr Schlaf dadurch bekommen. Das führt dann oft zu Phasen noch schlechteren Einschlafens oder sogar einer Zunahme der Durchschlafstörung – das Sich-Herumwälzen im Bett wird möglicherwiese verschlimmert.

Es ist wissenschaftlich sehr gut gezeigt, dass Menschen die schlecht schlafen, dazu tendieren ihre Bettliegezeiten ohne tatsächlichen Schlaf eher zu verlängern. Dadurch erreichen eher sie das Gegenteil: Oft wird die Schlafdauer noch mehr verkürzt.

  • Wichtige Regel: Bettliegezeiten verkürzen

Wichtig in der Behandlung von kurzfristigen oder längerfristigen Ein- und/oder Durchschlafstörungen ist, dass die Bettlegezeiten ohne Schlaf möglichst kurz sein sollten. Als Grundsatz gilt, wer nicht schlafen kann, darf am Tag nicht schlafen und sollte seine Bettlegezeiten eher verkürzen.

In der schlafmedizinischen Therapie führt das bis hin zur Schlafrestriktionstherapie, die gemäß den internationalen Behandlungsleitlinien langfristig die effektivste Maßnahme zur Behandlung von Schlafstörungen ist.

Was bedeutet das zum Beispiel? Wer regelmäßig gegen 22 Uhr zu Bett geht und dann länger als eine halbe Stunde zum Einschlafen benötigt, sollte die Bettliegezeit um eine halbe bis eine Stunde verkürzen. Das heißt: erst gegen 23 Uhr zu Bett gehen. Das gleiche gilt, wenn man nachts länger als eine halbe Stunde braucht, um wieder einzuschlafen

  • Morgens nicht liegen bleiben

Ebenfalls ist es für den guten Schlaf sehr abträglich, wenn man morgens nach dem Erwachen lange wach im Bett liegen bleibt – auch wenn das möglicherweise das Gefühl der kurzfristigen Erholung erhöht. Wissenschaftlich ist gut gezeigt, dass Bettliegen am Morgen ohne zu schlafen deutlich mit einer Verschlechterung der Gesamtdauer des Schlafens einhergeht.

  • Nickerchen vermeiden

Menschen, die schlecht in der Nacht schlafen, legen tagsüber gerne ein kurzes Nickerchen ein. Auch dieses Verhalten ist aus schlafmedizinischer Sicht schlecht für den Nachtschlaf. Wer nachts nicht schlafen kann, sollte auf keinen Fall am Tage schlafen. Dazu zählen auch Nickerchen vorm Fernseher oder die kurzen mittäglichen Ruhepausen, die mit einem kurzen Einnicken einhergehen.

  • Das Bett ist nur zum Schlafen da

Ein weiterer wichtiger Aspekt das Durch- oder Einschlafen zu verbessern, ist die Reduktion von Dingen, die im Bett getan werden außer zu schlafen. Hierzu gehören Fernsehschauen, Lesen oder am Computer mit dem Handy oder Tablet arbeiten. Auch hier gilt der Grundsatz: „Das Bett ist nur zum Schlafen da“. Bettliegezeiten ohne Schlaf sollten möglichst vermieden werden.

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  • Schlafrituale nicht dauerhaft förderlich

Aus schlafmedizinsicher Sicht sind viele der sogenannten Schlafrituale leider nicht dauerhaft förderlich für den Schlaf. Dies liegt daran, weil Schlafrituale sogar dazu führen können, dass eine Fokussierung auf das schlechte Einschlafen erreicht wird.

  • Hausmittel können helfen

Die Anwendung von Hausmitteln zum Durchschlafen, wie zum Beispiel Lavendel, Baldrian, Passionsblume und andere Substanzen sind in der subjektiven Anwendung möglicherweise positiv für das Durchschlafen. Sie sind aber unter wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht gesichert als Präparate zur Verbesserung des Durchschlafens anzuwenden.

  • Schlafmedikamente nur kurzfristig nutzen

Die Anwendung von Schlafmedikamenten ist für kurzfristige Anwendung immer möglich. Dauerhaft sollten Schlafmedikamente nur unter Anleitung eines Arztes eingenommen werden. Es gilt als klare Faustregel, dass sogenannte direkte Hypnotika wie zum Beispiel Z-Substanden oder Benzodiazepine nicht häufiger als 3 x die Woche eingenommen werden sollten und auch nicht mehr als 6 Wochen lang.

  • Bei länger andauernden Schlafstörungen fachärztlichen Rat suchen

Bei längeren Schlafstörungen im Sinne einer Ein- und/oder Durchschlafstörung sollte auf jeden Fall ein Schlafmediziner aufgesucht werden, der Möglichkeiten hat, um ambulant eine Schlafrestriktionsbehandlung auf der Basis von kognitiver Verhaltenstherapie anzuwenden.

Für chronische schwere Fälle bieten sich in den letzten Jahren auch stationäre Insomnie-Behandlungen in psychiatrischen Kliniken oder wie zum Beispiel in der Rehabilitationsklinik in Bad Feilnbach im Rahmen eines Rehabilitationsprogrammes für chronische Insomnie-Patienten an.

Hier finden sich weitere Informationen zum Thema Schlafstörungen.

Autor des Beitrags: Prof. Dr. med. Peter Young, Ärztlicher Direktor, Chefarzt der Klinik für Neurologie, Neurologische Klinik Reithofpark


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