13.03.2023

Zeckenstich – wann ärztlichen Rat einholen?

Je milder die Winter werden, desto früher beginnt die Saison für Zecken. In Risikogebieten können sie Krankheiten übertragen. Wer dort wohnt und viel im Freien ist, sollte daher einige Vorsichtsmaßnahmen beachten.

Über einen Zeckenstich können allem voran die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und die Borreliose übertragen werden. Gegen FSME kann man sich impfen lassen. Das ist der einzige verlässliche Schutz gegen die vom FSME-Virus übertragene Erkrankung.

Die Borreliose wird durch Bakterien ausgelöst, die nach einem Zeckenstich in den Blutkreislauf geraten können. Gegen sie gibt es keine Impfung – dafür lässt sie sich gut mit Antibiotika behandeln. Außerdem hat Mutter Natur ein ausgeklügeltes „Frühwarn- und Leitsystem“ eingerichtet, das anzeigt, wann der Weg in die Arztpraxis erforderlich ist.

Borreliose: Zecken schnell entfernen

Die Borreliose wird von einer bestimmten Bakteriengattung, den sogenannten Borrelien, verursacht. Diese sind nur etwa in jeder zehnten Zecke vorhanden. Selbst wenn die Borrelien durch den Stich ins Blut geraten sollten, wird die Körperabwehr meist mit ihnen fertig. Wenn die Infektion die Körpergewebe befällt, ist meistens die Haut betroffen. Es bildet sich ein roter Ring, der sich immer mehr ausbreitet.

Bei einem Befall des Nervensystems können die Wurzeln der Nerven am Rückenmark und selten auch das Gehirn angegriffen werden. Es kommt zu einer Entzündung. Die führt in der Akutphase zu Nervenschmerzen, Sensibilitätsstörungen, Lähmungen im Gesicht oder an Armen oder Beinen. Je früher dann eine Antibiotika-Therapie einsetzt, umso geringer sind die Langzeitfolgen.

Die gute Nachricht: Nach einem Zeckenstich dauert es in der Regel mindestens einen Tag, bis die krankmachenden Bakterien übertragen werden. Das Infektionsrisiko steigt, je länger die Zecke in der Haut verbleibt und über ihren Stechrüssel das menschliche Blut saugt. Bis zu 12 Stunden nach dem Stich ist die Wahrscheinlichkeit, dass Borrelien übertragen werden, noch sehr gering. Wer also in diesem Zeitraum den Zeckenstich entdeckt und die Zecke vollständig entfernt, muss in der Regel keine Borreliose befürchten. Auch ein Arztbesuch ist dann nicht notwendig.

Seinen Körper regelmäßig systematisch und gründlich nach saugenden Zecken abzusuchen, ist eine einfache, aber sehr effektive Präventionsmaßnahme. Eine Herausforderung ist allerdings, dass Zecken gern an Stellen zustechen, wo sie schwer zu entdecken sind. Das sind beispielsweise Stellen am Haaransatz, hinter den Ohren, in der Kniekehle, unter den Achseln oder im Genitalbereich.

Zecken-Einstichstellen gut beobachten

Wenn ein Stich übersehen wurde oder man nicht weiß, wie lange die Zecke da schon saß, sollte man die Einstichstelle gut beobachten. Nur wenn sich nach einigen Tagen um die Einstichstelle herum eine große runde Hautrötung bildet, die sich ausbreitet, sollte man ärztlichen Rat einholen. Bei der Ausbreitung wächst der rote Rand, während der Bereich der Einstichstelle blasser wird. Je früher dann eine Behandlung mit einem Antibiotikum erfolgt, desto weniger Schäden kann die Infektion anrichten. Kommt es nicht zu dieser Ringröte um den Stich herum, ist kein Arztbesuch notwendig.

„Die Natur hat mit dem roten Rand um die Einstichstelle ein praktisches Frühwarn- und Leitsystem eingerichtet, an dem man sich gut orientieren kann. Ein Arztbesuch ist also längst nicht immer erforderlich. Wichtig ist, dass man sich gut beobachtet und sich nach jedem Aufenthalt im Freien nach Zecken absucht. Findet man eine, sollte man diese gleich entfernen und die Einstichstelle noch bis zu zwei Wochen nachbeobachtet“, erklärt Professor Dr. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung. Und: „Zum Entfernen der Zecke eignen sich Zeckenzangen oder Zeckenkarten mit Schlitzen im Scheckkartenformat. Es gibt einige Mythen, dass man die Zecke im Uhrzeigersinn aus der Haut entfernen sollte, oder dass es Probleme gäbe, wenn der Kopf der Zecke in der Haut verbleibt. Das ist aber beides nicht der Fall“.

Gegen FSME hilft nur eine Impfung

Die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist ebenfalls gefürchtet, da das verursachende Virus eine gefährliche Hirnhautentzündung auslösen kann. Bis zu 5 Prozent der Zecken im sogenannten Endemiegebiet (hauptsächlich im süddeutschen Raum) tragen FSME-Viren in sich. Diese werden nach einem Zeckenstich sofort übertragen. Es bleibt also kein Zeitfenster, um durch Entfernung der Zecke die Infektion abzuwenden, wie das bei der Borreliose der Fall ist.

Doch nicht immer muss die Virusinfektion auch zu einer ernsten Erkrankung führen. Meist kommt es nur zu grippeähnlichen Beschwerden mit Fieber. Aber in einigen Fällen kommt es zu einer Entzündung der Hirnhäute, des Gehirns (Meningo-Enzephalitis) oder des Rückenmarks.

Jedes Jahr werden in Deutschland zwischen 400 und 800 Fälle vom Robert-Koch-Institut registriert. Vor allem bei Personen ab dem 50. Lebensjahr kann die FSME lebensbedrohlich sein. Es gibt nach der Infektion kein „Notfall-Medikament“, mit dem die Hirnhautentzündung nach einem Stich einer FSME-positiven Zecke behandelt werden kann.

Einzige Option für einen verlässlichen FSME-Schutz ist die Impfung. Die Grundimmunisierung erfordert drei Impfungen. Sie wird Menschen empfohlen, die in Endemiegebieten im Süden und Südosten Deutschlands wohnen und sich viel im Freien aufhalten. Das Robert Koch-Institut veröffentlicht jedes Jahr eine Karte, die zeigt, welche Gebiete Deutschlands FSME-Gebiete sind.

Zecken immer früher aktiv

Der Klimawandel fordert auch hier seinen Tribut, da sich das Gebiet immer weiter nach Norden ausweitet. „Auch der Erkrankungsname, der das Wort ‚Frühsommer‘ beinhaltet, ist zunehmend irreführend. Es ist längst nicht mehr so, dass man sich nur im Frühsommer vor Zeckenstichen vorsehen muss. Zecken können auch bei Temperaturen ab 8 Grad Celsius aktiv sein. Je milder die Winter werden, desto früher beginnt die Zeckensaison“, gibt Prof. Erbguth zu bedenken. „Wer noch nicht geimpft ist, sollte daher schon jetzt daran denken.“


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