28.03.2022

Gut schlafen – was hilft dabei?

Einen Großteil unseres Lebens „verschlafen“ wir. Doch diese Zeit ist für unsere Gesundheit gut investiert. Was dabei wichtig ist, ob Melatonin hilft und was es mit Schlafwandeln auf sich hat, erzählt uns Neurologe Dr. Wolf-Oliver Krohn. Er ist Patientenberater der Deutschen Hirnstiftung.

​Herr Dr. Krohn, warum ist Schlafen so wichtig?

Während des Schlafs finden viele regenerative Prozesse statt, die Stoffwechsel, Körpertemperatur, Immunsystem und Hormonhaushalt, Lernen und Gedächtnis regulieren. Schlafmangel über längere Zeit stört das. So können sich etwa das Risiko für Erkrankungen von Herz und Kreislauf erhöhen und Prozesse zunehmen, die Demenz fördern.

Seit einiger Zeit ist viel von Melatonin als Mittel zum Einschlafen die Rede. Hilft das?

Die Wirkung ist wahrscheinlich gering. Das hat schon 2013 eine Übersicht aus 19 wissenschaftlichen Studien gezeigt [1]. Mit Melatonin schliefen die Untersuchten im Mittel um 7 Minuten rascher ein und 8,5 Minuten länger. Für die Schlafqualität hat man gar keine Veränderungen beobachtet.

Schlafen alle Menschen gleich?

Nein, unser Schlaf-Wach-Rhythmus ist vor allem stark altersabhängig.  Neugeborene schlafen bis zu 20 Stunden täglich, Kinder 10 bis 12 Stunden. Erwachsene liegen meistens bei 7 bis 8 Stunden. Ältere Menschen kommen oft mit weniger als 6 Stunden Schlaf aus, ohne am Tag müde zu sein.

Und wie sieht es aus, wenn man von den Altersgruppen absieht?

Das Schlafbedürfnis ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Es wird beeinflusst durch genetische Faktoren, frühkindlich erworbene Gewohnheiten, körperliche Aktivität und psychische Faktoren. So gibt es zum Beispiel verschiedene Schlaftypen, die früher oder später einschlafen bzw. morgens wach werden. Viele haben schon einmal vom Schlaftyp „Lerche“, den Frühaufstehern, und den nachtaktiven „Eulen“ gehört.

Steht das für alle Zeit fest oder lässt sich der Schlafrhythmus ändern?

Um den Rhythmus zu ändern, müsste man sehr genau schauen, was sich an den oben genannten Faktoren ändern lässt. Sinnvoller ist es, sich dem Schlafbedürfnis und eigenen Rhythmus anzupassen und Schlaf als individuelle Notwendigkeit anzuerkennen. Dazu gehört, dass sich im Erwachsenenleben nächtliche Aufwachphasen häufen. Auch die Wachphase am Tag unterbrechen mitunter kurzzeitige Schlafphasen. Das können Sekunden bis Minuten sein.

Apropos Aufwachen in der Nacht: Wie oft kommt Schlafwandeln vor?

Schlafwandeln tritt vor allem bei Kindern zwischen dem 4. und 6. Lebensjahr auf. Es kann auch begleitet sein durch nächtliches Einnässen und Albträume. Man schätzt, dass etwa 15 Prozent der Kinder eine Zeitlang schlafwandeln. Bei Erwachsenen geht man von ein bis drei Prozent aus. Etwa jeder fünfte Betroffene hat schlafwandelnde Familienangehörige.

Wie geht man am besten mit den Betroffenen um?

Meistens setzen sich Schlafwandelnde nur im Bett auf oder an der Bettkante. Manche wandern umher. Auf Ansprache reagieren sie meist nicht und auch nicht auf die Aufforderung, wieder ins Bett zu gehen. Es ist daher hilfreich, Schlafwandelnde ins Bett zu führen. Sie zu wecken ist oft schwierig – aber völlig ungefährlich.

Woher kommt Schlafwandeln? 

Die Ursache des Schlafwandelns ist unbekannt. Klassisches Schlafwandeln tritt aus dem Tiefschlaf heraus auf. Das passiert eher in der ersten Nachthälfte und in der Regel nur einmal pro Nacht. Nur etwa 40 Prozent der Schlafwandelnden können sich einen Traum erinnern. An das Schlafwandeln selbst erinnern sich viele nicht. Sie können aber über einen nicht erholsamen Schlaf und Schläfrigkeit am Tag klagen.

Ist Schlafwandeln gefährlich?

Schlafwandeln ist ungefährlich. Kinder wachsen meist aus dieser Phase heraus, ohne dass eine spezielle Behandlung nötig wäre. Für Erwachsene gilt, dass immer eine Diagnostik auf abzugrenzende nächtliche epileptische Anfälle durchgeführte sollte. Grundsätzlich sollte sich jeder Mensch, der nachts ungewöhnliche Dinge aus dem Schlaf heraus macht, einmal schlafmedizinisch untersuchen lassen. Ansonsten ist am wichtigsten, dass Schlafwandelnde sich nicht verletzen. Davor kann man sie schützen, indem man Türen und Fenster schließt. Stolperfallen auf dem Boden sollte man aus dem Weg räumen.

[1] Eduardo Ferracioli-Oda, Ahmad Qawasmi, Michael H. Bloch. Meta-Analysis: Melatonin for the Treatment of Primary Sleep Disorders. PLOS ONE May 13. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0063773


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Titelbild: Ralf Liebhold via canva.com

 

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