15.09.2021

Alzheimer-Betroffener rät: „Positive Lebenseinstellung behalten“

Herr H. aus A. in Rheinland-Pfalz hat Alzheimer. Doch davon lässt er sich nicht unterkriegen – eine Einstellung, die Mut macht. Das allerschwerste sei, die Diagnose anzunehmen und nicht zu bekämpfen. Anderen Betroffenen rät er: „Bewahren Sie sich Ihre positive Einstellung zum Leben. Die kann uns keiner nehmen.“

Für unsere Reihe „Mut machen“ hat Herr H. uns zusammen mit seiner Frau einige Fragen beantwortet:

Herr H., wann ist Ihnen aufgefallen, dass etwas anders ist als sonst?

Das war vor etwa drei Jahren. Ich habe immer meiner Frau im Büro geholfen und mich dabei um ihre Buchhaltung gekümmert. Plötzlich habe ich festgestellt, dass ich bei der Tätigkeit immer unsicherer wurde. Ich habe dann immer wieder jede Tätigkeit überprüft, um sicherzugehen, dass ich nichts vergessen habe. Auch bei vielen anderen Dinge musste ich immer öfter überlegen, ob ich alles richtig mache und nichts vergesse.

Haben Sie, Frau H., das auch bemerkt?

Es ist mir immer bewusster geworden, aber ganz gravierend war es dann im Urlaub. In der neuen und ungewohnten Umgebung hatte mein Mann Schwierigkeiten, sich zu orientieren – er ist immer die falsche Richtung gegangen, wenn wir zu unserem Zimmer wollten.

Oft haben Betroffene einen langen Weg zu Diagnose hinter sich. Wie ging es bei Ihnen weiter, nachdem Sie die ersten Symptome bemerkt haben?

Nach unserem Urlaub war uns klar, dass wir das nicht länger ignorieren konnten und das mit einem Arzt besprechen mussten. Wir haben dann einen Termin bei einem Neuropsychologen gemacht und da waren auch wir gleich in guten Händen. Mein Mann hat viele umfangreiche Testungen gemacht und die Diagnose „Alzheimer“ stand relativ früh im Raum. Um sicherzugehen, wurde im Anschluss eine Lumbalpunktion im Klinikum Aachen gemacht, um die Verdachtsdiagnose zu bestätigen. Das war für uns natürlich eine schwere Zeit, aber die Termine und auch die Betreuung haben sehr gut geklappt.

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Sind Sie nach wie vor in engmaschiger ärztlicher Begleitung, Herr H. ?

Ja, ich bin weiterhin regelmäßig in der Gedächtnisambulanz im Aachener Klinikum bei Frau Prof. Reetz. Für uns ist die Anbindung an die Uniklinik sehr wichtig, denn wir wollen jede Möglichkeit ergreifen, die sich in der Behandlung bietet. Uns gefällt dabei ganz besonders die Möglichkeit, an Studien teilzunehmen. Ich habe in der „Dementia Move Studie“ teilgenommen. [Anmerkung: Die beendete Dementia Move Studie hat untersucht, wie sich ein wöchentliches Sportprogramm auf die Gedächtnisleistung auswirkt.]

Wir wurden dabei eng vom Team der Uniklinik begleitet und ich habe viele Anregungen für unseren Alltag mitgenommen. Auch weiteren Studien gegenüber sind wir offen, wir haben die Hoffnung, dass sich der Verlauf der Erkrankung durch neue Ansätze und neue Impulse vielleicht verlangsamt. Zu Hause bin ich zudem noch bei einem niedergelassenen Neurologen, der kümmert sich um die weiteren Therapien, wie zum Beispiel die Ergotherapie.

Welche Hilfestellung hatten Sie im Anschluss daran? Konnten Sie sich mit anderen Betroffenen austauschen?

Nach der Diagnose war es für uns sehr wichtig, Kontakt zu weiteren Betroffenen und Angehörigen zu bekommen. Austausch und Verständnis findet man so gebündelt am besten in einer Selbsthilfegruppe. Unsere erste Anlaufstelle war die Alzheimergesellschaft in Aachen, diese organisiert einmal in Monat einen Gesprächskreis. Das war dann natürlich wegen Corona nicht möglich.

Für Angehörige ist die Erkrankung des Partners auch eine Herausforderung: Was hat Ihnen geholfen, damit umzugehen, Frau H.?

Zum Glück bin ich ein sehr positiv denkender Mensch. Ich habe mich ganz bewusst dazu entschlossen im Hier und Jetzt zu sein und mich nicht in die Zukunft zu denken und mir vorzustellen, was da noch alles passieren kann. Das ist nicht einfach, aber ich versuche das wirklich jeden Tag aufs Neue. Dabei hilft es mir zu meditieren, das habe ich vor einigen Jahren gelernt. Und, ich habe auch psychologische Unterstützung.

Herr H., wenn Sie anderen Betroffenen etwas mit auf den Weg geben wollten: Was wäre das?

Das allerwichtigste, aber auch das allerschwerste ist es, die Diagnose anzunehmen und sie nicht zu bekämpfen. Wenn man diesen Prozess durchlaufen hat, dann ist es ganz wichtig, weiterhin positiv und auch aktiv zu bleiben. Ich kann jedem nur raten, zu versuchen, so viel Sport wie möglich zu machen, zu joggen, zu walken oder im Wald spazieren zu gehen – die frische Luft genießen. Auch eine gesunde und ausgewogene Ernährung hilft mir sehr. Geben Sie nicht auf und bewahren Sie sich ihre positive Einstellung dem Leben gegenüber. Die kann uns keiner nehmen.

Warum ist die Deutsche Hirnstiftung für Sie und auch andere wichtig?

Das Tolle an der Hirnstiftung ist, dass sich wir uns immer drauf verlassen können, hier gute neue Informationen zu bekommen und nicht so einen Quatsch wie man ihn sonst so im Internet findet. Das, was hier steht, hat sich niemand ausgedacht, das wurde geprüft und so geschrieben, dass es gut verständlich ist.

Haben Sie vielen Dank, dass Sie uns an Ihrer Geschichte haben teilhaben lassen. Wir wünschen Ihnen beiden alles Gute und bewahren Sie sich Ihre positive Einstellung.  

Möchten Sie auch Ihre Mutmach-Geschichte erzählen? Dann rufen Sie uns an unter Tel. 030 / 531 437 936 oder schicken Sie uns eine Mail an info@hirnstiftung.org

Haben Sie Fragen zum Thema Alzheimer? Wir beraten Erkrankte und Angehörige neutral und kostenfrei im Online Chat und am Expertentelefon 0 30 531 43 79 36  (Mo-Fr, 10-14 Uhr). Mitglieder beraten wir ab 2022 zudem per Video, im Sozialrecht sowie zu Heil- und Hilfsmitteln. Mehr erfahren

Bild: privat

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