11.07.2021

Hirnstiftung fördert Moyamoya-Verein: Hilfe bei „zu wenig Blut im Kopf“

Die Angst vor einem Schlaganfall ist für Moyamoya-Erkrankte immer real. Der Verein „Moyamoya Freunde und Förderer Deutschland“ hilft ihnen – seit Corona auch online und bundesweit. Sogar ein viel beachtetes Lehrvideo ist entstanden. Die Deutsche Hirnstiftung unterstützt die kreativen Ideen mit 500 Euro. Auch andere Organisationen in der neurologischen Selbsthilfe sind aufgerufen, sich mit innovativen Ansätzen in Corona-Zeiten für eine Förderung zu bewerben.

Moyamoya: Blut-Blockade im Hirn

Bei Moyamoya verengen oder verschließen sich Hauptschlagadern im Gehirn. Betroffen sind vor allem Kinder und junge Erwachsene. Die Ursache ist unbekannt, die Folgen sind umso dramatischer. Das Blut sucht sich einen anderen Weg und bildet mit der Zeit feine Ersatzgefäße. Doch diese können den geringeren Blutfluss nicht ausreichend ersetzen. „Ich hatte zu wenig Blut im Kopf“, erklärt es ein Betroffener beim Moyamoya-Verein kurz und knapp. Bestimmte Hirngebiete bekommen nicht mehr genug Blut. Eine andere Gefahr: Die Ersatzgefäße können platzen und Blut ins Hirngewebe auslaufen.

Schlaganfälle und mehr sind die Folgen

In beiden Fällen erleiden Moyamoya-Betroffene einen Schlaganfall, viele mindestens einmal im Leben. Das zeigen Zahlen des Alfried Krupp Krankenhauses in Essen. Oder die Erkrankten haben wiederholt anfallsartige Beschwerden, die später abklingen. Das reicht von Seh- oder Sprachstörungen bis hin zu Lähmungen. Auch treten oft Kopfschmerzen auf und manchmal sogar epileptische Anfälle. Hinzu kommen seelische Belastungen und die Angst vor dem nächsten Mal. „Und von dem weiß man nie, wie schlimm es wird“, sagt Prof. Dr. med. Markus Krämer, Leitender Oberarzt am Alfried Krupp Krankenhaus. Neben seiner Arbeit dort hat er den Verein Moyamoya mit aufgebaut.

In Europa ist Moyamoya wenig bekannt

Lindern lassen sich die Folgen von Moyamoya mit blutverdünnenden Medikamenten wie Acetylsalicylsäure. Sie steckt etwa in Aspirin. Das verdünnte Blut fließt besser durch die verengten Gehirnbereiche. Noch mehr erreicht eine Operation. Diese umgeht die verengte Stelle mit einem Bypass. Ein großes Problem: In Europa ist die Krankheit Moyamoya selten und wird bei Diagnosen oft nicht bedacht. „Für Patienten kann das lange Irrfahrten bis zur richtigen Behandlung bedeuten“, sagt Krämer.

Hilflos „aufgrund von Nichtwissen“

Das erzählt auch Anja Brose beim Verein Moyamoya. Sie sei fassungslos gewesen, wie hilflos Ärzte der Krankheit „aufgrund von Nichtwissen“ gegenüberstünden. Das sei nicht nur ein Problem wegen falscher Diagnosen, sagt Krämer. „Wegen sogenannter Gegenanzeigen sollte man bei Moyamoya bestimmte Medikamente und Therapien nicht einsetzen.“ Mit anderen Worten: Sie können die Symptome der Krankheit schlimmer machen.

Erkrankte und Fachleute über Moyamoya aufklären

Falsch behandelt wegen fehlendem Wissen? Das will Moyamoya e.V. ändern. Der Verein fördert die Forschung und möchte neben der Ärzteschaft die Erkrankten erreichen. Sie sollen Fachleute für ihre eigene Krankheit werden, um bestmöglich für sich zu sorgen. Und sie sollen ihre anderen Ärztinnen und Ärzte über Moyamoya aufklären. Doch bislang seien gut verständliche Informationen für Betroffene schwer zu bekommen, finden Krämer und seine Mitstreitenden. Vor allem mangele es an Info-Material in Deutsch.

Vorträge und Workshops vor Ort

Ende 2019 gründete sich daher in Essen „Moyamoya Freunde und Förderer Deutschland“ wie der Selbsthilfe-Verein mit vollem Namen heißt. Vor der Corona-Pandemie fanden Vereinstreffen vor Ort statt. Es wurden Vorträge gehalten und Fragen geklärt. Bei Workshops konnten Betroffene und Angehörige sich mit anderen austauschen. Denn Unsicherheiten gibt es viele: Wie wird sich mein Zustand entwickeln? Kann ich Kinder bekommen? Soll ich die Bypass-Operation machen lassen? Das sind nur einige Fragen, die Moyamoya-Erkrankte beschäftigen.

Aus der Not entstand eine Idee

Dann kam die Corona-Pandemie und das Versammlungsverbot stellte den Verein vor eine Herausforderung. Aus der Not entstand eine besondere Idee: Zum Welt-Schlaganfalltag im Oktober 2020 produzierte Moyamoya e. V. ein YouTube-Lehrvideo über die Erkrankung in Deutsch und in Englisch. Das 39-minütige Video auf Deutsch klickten in den folgenden drei Monaten 843 Interessierte an. Beim etwas kürzeren auf Englisch waren es 463. Wissenswert ist nicht zuletzt, woher der Name der Krankheit stammt: In Japan, wo die sie weit häufiger vorkommt, bedeutet Moyamoya „Nebel“ oder „Rauch“. Das steht für die feinen Ersatzgefäße, die bei der Erkrankung entstehen. Sie erinnern an eine Nebelwolke.

Digitale Treffen bundesweit

Außerdem veranstaltete der Verein mehrere Treffen per Online-Konferenz. Er fördert den Austausch in WhatsApp-Gruppen und neben der Webseite stellt jetzt ein Instagram-Auftritt den Verein vor. Dort beantworten Engagierte wichtige Fragen, zum Beispiel zum Thema Corona-Impfen bei Moyamoya. Der Verein lässt Betroffene zu Wort kommen, um der wenig bekannten Krankheit ein Gesicht zu verleihen. All das möchte man auch nach der Corona-Zeit weiterführen. Denn Vereinsmitglieder gibt es mittlerweile deutschlandweit.

Gefördert von der Deutschen Hirnstiftung

Mit 500 Euro unterstützt die Deutsche Hirnstiftung das Engagement von Moyamoya e. V. als erstem Verein im Rahmen einer neu gestarteten Selbsthilfe-Förderung für innovative Ideen in Corona-Zeiten. Dazu zählen besonders digitale Wege für Betroffene, um miteinander verbunden zu bleiben.

Verfolgen Sie auch einen erfolgreichen digitalen Ansatz in der neurologischen Selbsthilfe? Dann bewerben Sie sich jetzt auf unsere Förderung 2021. Hier finden Sie die Unterlagen.

🎬 Kurzvideo: Warum braucht es Moyamoya e. V.? Das sagen Engagierte

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