14.08.2020

Wie junge Menschen nach einem Schlaganfall den (Wieder-)Einstieg in den Job schaffen

Für Menschen, die noch berufstätig sind, ist ein Schlaganfall nicht nur ein schwerer gesundheitlicher Einschnitt, sondern kann auch aus Sorge um den eigenen und den Lebensunterhalt der Familie zur großen Belastung werden. Mit verschiedenen gesetzlich verankerten Angeboten zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation ist jedoch ein erfolgreicher Wiedereinstieg ins Arbeitsleben möglich.

Circa 60 % aller Patienten, die einen Schlaganfall erleiden, sind älter als 60 Jahre, aber auch jüngere Menschen sind betroffen. In der Folge kann es wegen schwerer geistiger oder körperlicher Beeinträchtigungen zur Arbeitsunfähigkeit kommen. Aber insbesondere nach einem leichteren Schlaganfall ist auch eine vollständige Erholung mit Rückkehr in den Job möglich. Bis dahin ist jedoch der Weg oft mühsam, erfordert Geduld und einen starken Willen.

Die Krankenhausbehandlung nach einem Schlaganfall dauert ca. 7 bis 10 Tage. Im Anschluss folgt je nach Bedarf eine ambulante oder stationäre Reha-Maßnahme. Ziel ist die Vermeidung einer Behinderung, ein selbstbestimmtes Leben, die Erhaltung der Erwerbsfähigkeit („Reha vor Rente!“) und die Vermeidung oder Minderung von Pflegebedürftigkeit („Reha vor Pflege!“). Im Anschluss an eine Krankenhausbehandlung folgt für gesetzlich Versicherte meistens eine Anschlussheilbehandlung (AHB). Diese dauert in der Regel drei Wochen.

Der Anspruch auf umfassende Hilfe ist gesetzlich geregelt [1]:

Ist der GKV-versicherte Patient berufstätig, hat er zu Beginn der Arbeitsunfähigkeit gesetzlichen Anspruch auf die Entgeltfortzahlung (100 % für sechs Wochen [2]). Im Anschluss daran gibt es in der Regel Krankengeld (70 % des Bruttoverdienstes, max. 90 % vom Netto für 78 Wochen innerhalb von drei Jahren), wenn der Patient auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt wird [3]. Für Privatversicherte und Selbstständige gelten andere Regelungen, je nach Vertrag mit der Krankenkasse bzw. je nachdem, ob sie eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen haben oder nicht [4]. Falls ein Patient nach Ablauf der Fristen aufgrund seines Schlaganfalls nicht mehr erwerbstätig sein kann, hat er Anspruch auf eine Erwerbsminderungs- [5] oder eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen [6].

In den verschiedenen Phasen und Formen der Rehabilitation erlernen die Patienten verloren gegangene Fähigkeiten mithilfe von Krankengymnasten (Physiotherapie), Logopäden (Sprach- und Sprechtherapie), Ergotherapeuten (alltagspraktisches Handeln), Neuropsychologen, Kunst- und Musiktherapeuten Schritt für Schritt wieder neu. Dabei erhalten sie Unterstützung durch die Versorgung mit Hilfsmitteln sowie Beratung zu berufsfördernden und Wiedereingliederungsmaßnahmen. Für Rehabilitationsmaßnahmen im Bereich der Krankenhausbehandlung sind die Krankenkassen zuständig. Ist der Patient berufstätig, so muss für eine Anschlussheilbehandlung ein Antrag bei der zuständigen Rentenversicherung gestellt werden.

Ob und wann über die Wiederaufnahme einer Arbeit nachgedacht werden kann, hängt davon ab, wie erfolgreich die Reha-Maßnahmen verlaufen sind und welche realistischen Ziele nach der Beratung mit dem Arzt gesetzt werden können. Auch auf dem Weg zurück ins Berufsleben werden Betroffene durch eine Reihe von gesetzlich geregelten Sozialleistungen unterstützt.

Schon während der Krankschreibung ist eine stufenweise Wiedereingliederung als eine Maßnahme der Medizinischen Rehabilitation (sog. Hamburger Modell) möglich [7]. Damit können arbeitsunfähige Arbeitnehmer nach längerer schwerer Krankheit schrittweise an die volle Arbeitsbelastung herangeführt und so der Übergang zur vollen Berufstätigkeit erleichtert werden. Die Dauer der stufenweisen Wiedereingliederung ist abhängig vom individuellen gesundheitlichen Zustand. Sie kann bis zu sechs Monate beanspruchen, dauert in der Regel aber vier bis sechs Wochen. Ansprechpartner für das Hamburger Modell sind die Krankenkassen, die Agentur für Arbeit, Unfallversicherungsträger oder Rentenversicherungsträger, die Sozialberatung der Reha-Klinik, der behandelnde Arzt und der Arbeitgeber. Darüber hinaus gibt es verschiedene Optionen für den Weg zurück in den bisherigen Beruf (z. B. Abschluss einer Inklusionsvereinbarung mit dem Arbeitgeber, Reha-Begleiter, individuelles Coaching, Beteiligung eines Betreuungsnetzwerks). Oder der Betroffene entscheidet sich für eine berufliche Neuorientierung (z. B. mittels Umschulung, (erneuter) Ausbildung, (Zweit-)Studiums). Zudem gibt es auch Möglichkeiten des Wiedereinstiegs mit einer Schwerbehinderung je nach Art und Schwere der Einschränkung. Die zahlreichen Angebote zur beruflichen Rehabilitation sind detailliert aufgeführt im SGB IX § 49 als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA).

Quellen

[1] Sozialgesetzbuch (SGB VI) – Gesetzliche Rentenversicherung § 15 Leistungen zur Medizinischen Rehabilitation

[2] Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall https://www.gesetze-im-internet.de/index.html

[3] Sozialgesetzbuch (SGB V) – Gesetzliche Krankenversicherung. https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbv/47.html

[4] https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/krankenversicherung/krankenkasse-pflichtversichert-freiwillig-oder-privat-29354

[5] Sozialgesetzbuch (SGB VI) – Gesetzliche Rentenversicherung. https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbvi/43.html

[6] Sozialgesetzbuch (SGB VI) – Gesetzliche Rentenversicherung § 236a Altersrente für schwerbehinderte Menschen

[7] Sozialgesetzbuch (SGB V § 74, SGB IX § 44) Stufenweise Wiedereingliederung, https://www.test.de/Hamburger-Modell-So-gelingt-der-stufenweise-Einstieg-4316090-0/

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