Myasthenia gravis (MG): Symptome, Ursachen, Behandlung

Auf einen Blick

Hier finden Sie das Wichtigste auf einen Blick. Ausführliche Informationen haben wir weiter unten zusammengestellt.

Häufigkeit  Weltweit sind 2–5 % der Menschen von einer erworbenen oder erblichen Myopathie betroffen, in Deutschland gibt es etwa 500.000 Myopathie-Patienten.

Hauptsymptome  Charakteristische Symptome einer Myopathie sind die muskuläre Schwäche ohne und nach Belastung und der Muskelschwund. Dazu bestehen häufig weitere Symptome, die u. a. die Atmung, die Wirbelsäule und das Herz beeinträchtigen können.

Diagnostik  Eine Myopathie wird durch die Untersuchung beim Neurologen festgestellt, unterstützt durch Elektromyographie (EMG), Ultraschalluntersuchung der Muskulatur, Bildgebung mittels MRT, Gewebeprobeentnahme sowie Blutuntersuchungen inklusive genetischer Diagnostik.

Behandlung  Nicht medikamentöse und medikamentöse Therapie.

Wichtig zu beachten  Eine Myopathie ist eine in den meisten Fällen langsam fortschreitende Erkrankung der Skelettmuskulatur. Wichtig zur Diagnosestellung sind die Beobachtung des Patienten selbst und seiner Angehörigen sowie der klinische Untersuchungsbefund des Neurologen.

Die Symptome können anfänglich auf die Augenmuskulatur mit einer Oberlidschwäche und Doppelbildern beschränkt sein (okuläre Myasthenie/Typ I). Darüber hinaus können weitere Muskelgruppen wie Sprech-, Kau- und Atemmuskulatur, Schulter- und Kopfhaltemuskulatur sowie Becken- und Oberschenkelmuskulatur in unterschiedlichen Schweregraden betroffen sein (generalisierte Myasthenie/Typ II–V).

Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der in der Thymusdrüse gebildete Antikörper die Reizübertragung vom Nerv auf den Muskel blockieren. Bei etwa 85 % der Myasthenie-Patienten ist ein Antikörper gegen den Acetylcholinrezeptor (anti-AChR-AK) im Blut nachweisbar. Bei passender Symptomatik sichert ein positiver AChR-Test die Diagnose. Allerdings sind bei 50 % der Betroffenen mit ausschließlich Augensymptomen und bei 15 % der Betroffenen mit einer generalisierten Myasthenie-Symptomatik keine AChR-Antikörper nachweisbar. Deshalb sollte bei fehlendem AChR-Nachweis und bestehender Symptomatik die Ursachenforschung auf weitere Varianten der Myasthenie und andere spezifische Autoantikörper ausgedehnt werden (Anti-MUSK-, Anti-LRP4-, Anti-Titin- oder Agrin-Antikörper).

Die Fehlfunktion des Immunsystems basiert auf einer genetischen Veranlagung für Autoimmunerkrankungen. Grundsätzlich beeinflussbare Auslöser für die Lähmungserscheinungen sind:

  • Fieberhafte Erkrankungen
  • Psychische Belastungen
  • Operationen
  • Bestimmte Medikamente (z. B. gegen Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen oder Malaria)

Der Schweregrad der Myasthenie wird durch die jeweilige Ausprägung der Symptome (nur Augen oder generalisiert) bestimmt. Bei ca. 50 % der Myasthenie-Patienten beginnt die Erkrankung mit Sehstörungen durch Doppelbilder und Schwere der Oberlider, bei ca. 14 % treten Schluck- und Sprechstörungen zuerst auf und bei nur 8 % der Patienten ist eine Schwäche der Arme und Beine die Erstsymptomatik. Oftmals dehnt sich die Symptomatik von der erstbetroffenen Muskelgruppe auf weitere Muskelgruppen aus – im Verlauf können Kau-, Schluck- und Sprechmuskulatur, Schultergürtel-, Oberarm-, Becken- und Oberschenkel-muskulatur betroffen sein – letztlich die gesamte Willkürmuskulatur unter Einbeziehung der Atmung. Die allgemeine Schwäche nimmt oft im Tagesverlauf und bei Belastung zu und kann im Verlauf von Stunden, Tagen und Wochen stark schwanken. Typisch für die Myasthenie sind die Erholung in Ruhe und eine Verschlechterung der Lähmungen durch fieberhafte Infekte, Stress, hormonelle Schwankungen und bestimmte Medikamente. Auch grelles Licht und Wärme können eine Rolle spielen.

Bei Merkmalen wie „Ermüdung unter Belastung“ und „Erholung unter Ruhe“ ist das „Daran Denken“ des behandelnden Arztes, dass eine neuromuskuläre Übertragungsstörung vorliegen könnte, von großer Bedeutung. Nach Abgrenzung zu anderen Erkrankungen, die mit einer Muskelschwäche einhergehen, wird ein Neurologe bei Verdacht auf eine Myasthenie zunächst klinische Tests (z. B. Haltetests des Kopfes, der Arme und Beine oder bei oberer Lidschwäche den sogenannten Eisbeutel-Test) vornehmen, Blutuntersuchungen zur Bestimmung von Antikörpern und ggf. elektromyographische Untersuchungen veranlassen. Diagnostisch wichtig ist auch ein CT mit Kontrastmittel des vorderen oberen Brustkorbs zum Nachweis einer bei der Myasthenie bedeutsamen möglichen Vergrößerung der Thymusdrüse bzw. zum Nachweis eines Tumors.

Bei einer frühzeitigen Diagnosestellung können Betroffene mit individuell abgestimmten Medikamenten den Verlauf stabil unter Kontrolle halten.

Für die Standardtherapie werden eingesetzt:

Acetylcholinesterasehemmer (z. B. Pyridostigmin) als symptomatische Grundbehandlung bei einer leichten Ausprägung der Myasthenie bremsen den Abbau des Botenstoffs Acetylcholin und verbessern die Reizübertragung an die Muskeln.

Corticosteroide (z. B. Prednisolon) dämpfen als körpereigene Hormone die Überaktivität des Immunsystems und erzielen rasch eine deutliche Symptomverbesserung. Aufgrund der vielfältigen Nebenwirkungen – auch mit möglicher Zunahme der Lähmungen – erfolgt eine niedrig dosierte Gabe, ggf. in Kombination mit einem Immunsuppressivum, welches nach einer unterschiedlich langen Wirkphase die Neubildung von Antikörpern bremsen kann bei in der Regel guter Verträglichkeit.

Weitere Therapieoptionen neben der Standardtherapie:

Thymektomie, intravenöse Gabe von Immunglobulinen, Plasmapherese („Blutwäsche“)/ Immunadsorption und monoklonale Antikörper.

Eine Myasthenie ist nicht heilbar, aber gut einstellbar. Neben den angeführten Medikamenten und möglichen Therapieinterventionen kommt auch der Logopädie bei Sprach- und Schluckbeschwerden als nicht medikamentöser Therapie große Bedeutung zu.

Dank der vielseitigen und individuell abstimmbaren Therapiemöglichkeiten ist die Myasthenie unter fachärztlicher Kontrolle – mit wenigen Ausnahmen – heute gut einstellbar. Mit Verlaufsschwankungen ist besonders in den ersten Jahren der Erkrankung immer wieder zu rechnen. Körperliche und psychische Belastungen wirken symptomverstärkend und sollten weitgehend vermieden werden. Der Alltag sollte auf die Erkrankung abgestimmt werden. So ist die Belastbarkeit am Morgen größer als am Abend und Ruhephasen zur Erholung sollten immer wieder eingeplant werden. Grundsätzlich ist die Prognose bei guter Medikamenteneinstellung positiv, mit geringen Beeinträchtigungen kann ein weitgehend normales Leben geführt und eine Berufstätigkeit ausgeübt werden. Leichte sportliche Belastung und soziale Teilhabe wirken sich positiv auf den Krankheitsverlauf aus.

Autorin: Dr. rer. hum. biol. Bettina Schubert, DMG – Deutsche Myasthenie Gesellschaft e.V.

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