Funikuläre Myelose: Symptome, Ursachen, Behandlung

Auf einen Blick

Hier finden Sie das Wichtigste auf einen Blick. Ausführliche Informationen haben wir weiter unten zusammengestellt.

Häufigkeit – Bei ca. 5 % der Menschen – ab dem 65. Lebensjahr bei bis zu 30 % – besteht ein Vitamin-B12-Mangel, der die Ursache der funikulären Myelose darstellt. Diese entwickelt sich ab dem 65. Lebensjahr ansteigend bei 4–10 %.

Hauptsymptome – Schädigung der Rückenmarksbahnen mit Gefühlsstörungen, Missempfindungen, Koordinationsstörungen und Spastik an den Beinen.

Diagnostik – Wichtig ist eine klinisch-neurologische Untersuchung und Labordiagnostik des Vitamin-B12-Mangels, sowie eine Bildgebung des Rückenmarks.

Behandlung – Eine Behandlung beinhaltet vor allem die Zufuhr von Vitamin B12 durch Injektionen.

Wichtig zu beachten – Der Vitamin-B12-Mangel kann auch zu einer Blutarmut und in seltenen Fällen zu Gehirnstörungen führen.

Der Vitamin-B12-Mangel schädigt Bahnsysteme des Hals- und Brust-Rückenmarks, die für den Input und Output von Nervenimpulsen benötigt werden. Manchmal werden auch die peripheren Nerven geschädigt. Je nach Schwere und Dauer der Erkrankung bestehen Missempfindungen und Taubheitsgefühle an Füßen und Beinen, selten auch an Händen und Armen, verbunden mit einer Koordinationsstörung der Beine mit einer Gangunsicherheit. Zusätzlich können sich eine spastische Lähmung, Blasen- und Mastdarmstörungen sowie eine Impotenz entwickeln. Die selten auftretende Schädigung des Gehirns (Enzephalopathie) führt zu Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie zu psychischen Störungen.

Die Schädigung des Rückenmarks wird durch einen Mangel an Vitamin B12 verursacht. Dieser führt zu einer Zerstörung der Nervenschutzschicht (Myelin) mit Vernarbung. Dadurch geht die Leitfähigkeit der betroffenen Rückenmarksstränge verloren. Zum Vitamin-B12-Mangel kommt es durch

  • Unzureichende Zufuhr (z. B. Mangelernährung, vegane Kost)
  • Gestörte Aufnahme im Magen-Darm-Trakt (z. B. durch einen Mangel an intrinsischem Faktor, der für die Aufnahme notwendig ist)
  • Störungen der Bereitstellung und des Transports (z. B. Medikamente, Lachgas)
  • Erhöhter Verbrauch (z. B. Schwangerschaft, Wurmbefall)

Mangelernährung, z. B. bei chronischem Alkoholismus oder Anorexia nervosa, streng vegetarische Ernährung, hohes Alter, mangelnde Produktion des Intrinsic-Factors (z. B. durch Magenschleimhautentzündung, Antikörper gegen die produzierenden Parietalzellen, Magenoperationen, Magenkarzinom); gestörte Aufnahme im Dünndarm (z. B. durch Darmentzündungen oder Darmoperationen), Einnahme von Medikamenten, die die Resorption behindern, Antikörper gegen Vitamin B12, Missbrauch von Lachgas als Droge, Schwangerschaft und Stillzeit, Befall mit Bandwürmern, Überwucherung des Darms durch Bakterien oder Pilze.

 

 

Der Krankheitsverlauf ist meist langsam fortschreitend, solange der Vitamin-B12-Mangel besteht. Es kann zu schweren Behinderungen kommen. Unter einer Behandlung bessern sich die Symptome unterschiedlich – abhängig davon, wie lange die Mangelsituation schon bestand. Bei etwa 50 % der Patienten bleiben Restbeschwerden bestehen.

Die Diagnose der Rückenmarksschädigung ist von einem Neurologen durch klinische und apparative Untersuchungen – manchmal auch durch eine Bildgebung des Rückenmarks – feststellbar. Der Verdacht auf einen Vitamin-B12-Mangel ergibt sich aus Veränderungen des Blutbilds. Bewiesen wird der Vitaminmangel durch Messung unterschiedlicher Stoffwechselbestandteile des Vitamins B12 im Körper.

Der tägliche Bedarf an Vitamin B12 wird unter normalen Bedingungen durch die Nahrung gedeckt. Da ein Vitamin-B12-Mangel häufig durch Störungen der Resorption verursacht wird, muss die Gabe von Vitamin B12 unter Umgehung des Magen-Darm-Trakts durch intramuskuläre Injektionen von Vitamin B12 erfolgen, die anfangs täglich und später, nach Auffüllung der körpereigenen Vitamin-B12-Speicher, monatlich durchgeführt werden müssen. Lähmungen und Spastik sind zusätzlich physiotherapeutisch behandelbar.

Bei frühem Therapiebeginn ist die funikuläre Myelose heilbar; je später die Behandlung einsetzt, umso wahrscheinlicher bleiben Störungen bestehen.

Wenn die Erkrankung als solche und der zugrunde liegende Vitamin-B12-Mangel diagnostiziert worden sind, sind oft anfänglich nicht einzuordnende Beschwerden erklärt und die damit verbundene Unsicherheit über die Ursachen beseitigt. Je nach Ausprägung der Beschwerden ist zumindest das Fortschreiten der Krankheit zu stoppen und über mehrere Monate kann sich Besserung einstellen. Der Verlauf verlangt also viel Geduld. Wichtig ist, dass die notwendige Zufuhr von Vitamin B12 nicht beendet wird.

Autor: Prof. Dr. med. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Nürnberg

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