Schlechter Schlaf – Jugendliche, die nachts ihr Handy nutzen, schlafen schlechter

Pressemitteilung

Das Smartphone hat unser Leben in vielerlei Hinsicht positiv verändert. Doch es gibt auch Schattenseiten. Immer wieder stehen mögliche negative gesundheitliche Folgen der Handynutzung im Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen. Wie eine aktuelle Studie [1] zeigte, schlafen Jugendliche, die spätabends und nachts ihr Smartphone nutzten, deutlich weniger und schlechter. Da Verbote nicht helfen, rät Professor Dr. Frank…

Smartphone-Nutzung am späten Abend beeinträchtigt die Schlafqualität von Jugendlichen

Weltweit haben ungefähr 15 % der Menschen chronische Schlafstörungen [2], in Form von Ein- oder Durchschlafstörungen. Vielfältige Ursachen spielen eine Rolle. Manchmal findet sich eine genetische Veranlagung, häufiger sind jedoch psychische Probleme (z. B. Gedankenkreisen, Depressionen, Ängste), neurologische Erkrankungen, ein Schlafapnoe-Syndrom (darunter versteht man nächtliche Atempausen) oder äußere Faktoren, die man unter dem Stichwort Schlafhygiene zusammenfasst (z. B. Lärm, Licht, zu hohe Umgebungstemperaturen). Zu Letztgenannten gehört auch die Nutzung digitaler Medien. Diskussionen, inwieweit die abendliche Nutzung des Smartphones den Schlaf beeinträchtigen kann, sind auch Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.

Die Datenlage zum Zusammenhang von Schlaf und Nutzung digitaler Technologien bisher jedoch inkonsistent. Oft handelte es sich dabei um Querschnittsstudien oder Eigenbewertungen, objektive Messungen fehlen häufig, so dass die Robustheit der Ergebnisse hinterfragt werden muss. Eine aktuelle Studie [1] setzte sowohl für Schlafparameter als auch für die Smartphone-Nutzung objektive Messungen ein. Untersucht wurden 71 US-amerikanische Jugendliche (aus einer größeren Längsschnittstudie zur Nutzung digitaler Technologien) zwischen 15-18 Jahren (mittleres Alter 16,49 ± 0,63 Jahre; 56 % Mädchen, 42 % Jungen, 1 % nonbinär). Sie erhielten Fitbit-Geräte (Smartwatches bzw. Fitness-Tracker) zur automatischen Aufzeichnung des nächtlichen Schlafbeginns und der Schlafqualität. Sie mussten täglich über einen Zeitraum von 14 Tagen Screenshots ihrer SmartphoneBildschirmzeit, Zahl der Benachrichtigungen sowie der gesamt Smartphone-Pickups (d. h. Aktivieren/ Entsperren) übermitteln und außerdem täglich Fragen zum Zeitpunkt des Einschlafens und zur Schlafqualität der vergangenen Nacht beantworten.

Im Ergebnis zeigte sich, dass die Teenager in Nächten, an denen sie im Vergleich zu ihren eigenen Durchschnittswerten nachts längere Bildschirmzeiten und mehr Pickups hatten, auch schlechtere Schlafergebnisse aufwiesen. Häufigere Pickups waren nach eigenen Angaben und gemäß der FitbitAufzeichnung mit späteren Einschlafzeiten verbunden. Eine längere Bildschirmzeit war nach eigenen Angaben und laut Fitbit ebenfalls mit späterem Einschlafen und einer nach eigenen Angaben auch mit einer schlechteren Schlafqualität verbunden. Die Smartphone-Nutzung tagsüber hatte dagegen keinen Einfluss auf die Schlafergebnisse.

Nach Ansicht des Autorenteams bestätigen die Ergebnisse bekannte Sorgen im Zusammenhang mit dem Schlafverhalten Jugendlicher. Denn einerseits neigen sie zur exzessiven Nutzung digitaler Medien, andererseits befinden sie sich in der Entwicklung und behalten Verhaltensgewohnheiten oft im Erwachsenenleben bei. Daher sollte Jugendlichen dabei geholfen werden, „gesunde“ digitale Fähigkeiten zu entwickeln. Die Autorinnen und Autoren schlagen u. a. Leitlinien für Jugendliche, Eltern und Ärztinnen/Ärzte vor.

„Wir wissen, wie wichtig Schlaf für die Erholung von Körper und Geist, insbesondere von Nerven und Gehirn ist. Gestörter Schlaf reduziert die Lebensqualität und kann krank machen. Insomnie ist u. a. ein Risikofaktor für Demenz und Depression. Umso bedenklicher ist es, wenn Jugendliche durch ihren Medienkonsum die Weichen für lebenslange Schafstörungen stellen“, erklärt Professor Dr. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung.

Ursächlich werden in der Studie mehrere Mechanismen diskutiert, wie das Handy den Schlaf beeinflussen kann, darunter z. B.:

  • Exposition gegenüber kognitiv anregenden Inhalten (Überstimulation),
  • die Schwierigkeit, sich von der sozialen Online-Interaktion zu lösen, bzw. zeitliche Verschiebung (mehr Handy, weniger Schlafenszeit),
  • die durch Blaulichtemission verzögerte Melatoninausschüttung oder die Störung durch die „Pings“ eingehender Nachrichten.

„Bemerkenswert ist, dass die Jugendlichen auch selbst Einschlafprobleme und schlechtere Schlafqualität nach später Handynutzung bemerkten. Diese Beobachtung könnte also, wenn die Jugendlichen entsprechend sensibilisiert werden, zu einer eigeninitiativen Verhaltensänderung führen“, so Erbguth. Denn der Neurologe ist auch Psychologe und weiß um die Problematik von Verboten. „Zielführender ist es, generell die Medienkompetenz zu stärken und Jugendliche zunächst einmal über diese Studienergebnisse zu informieren. Denn Wissen ist immer die Basis für vernünftige Entscheidungen, letztlich haben gezielte Kampagnen auch dazu geführt, dass die Raucherquote unter Jugendlichen kontinuierlich gesunken ist.“

Quellen

[1] Burnell K, Garrett SL, Nelson BW, Prinstein MJ, Telzer EH. Daily links between objective smartphone use and sleep among adolescents. J Adolesc. 2024 May 3. doi: 10.1002/jad.12326. Epub ahead of print. PMID: 38698757.
[2] https://hirnstiftung.org/alle-erkrankungen/schlafstoerungen/

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