Pro Jahr erkranken in Deutschland etwa 400.000 Menschen neu an einer Demenz. Vielen stellt sich daher die Frage, wie sie Demenz-Erkrankungen vorbeugen können. Oft werden Kreuzworträtsel oder Puzzles als effektive Präventionsmaßnahme empfohlen. So informierte eine deutsche Spielefirma vor 5 Jahren: „Puzzeln beansprucht eine Vielzahl Fähigkeiten und könnte dazu beitragen, diese bis ins Alter aufrechtzuerhalten.“ [1] Eine der Meldung zugrunde liegende Studie [2] hatte gezeigt, dass regelmäßiges Puzzeln langfristig positiv auf verschiedene Fähigkeiten Einfluss nehmen könnte – darunter Wahrnehmung, Geschwindigkeit, Flexibilität, Arbeitsgedächtnis, logisches Denken und episodisches Gedächtnis.
Aktive intellektuelle Tätigkeiten schützen noch besser vor Demenz
„Doch es ist nicht nur exklusiv das Puzzeln, das das Gehirn bis ins hohe Alter fit hält, sondern ganz allgemein die geistige Stimulation“, erklärt die Präsidentin der Deutschen Hirnstiftung Prof. Dr. Kathrin Reetz. „Und die kann durch verschiedene Aktivitäten erreicht werden.“
Die Demenz-Expertin verweist auf eine prospektive Längsschnitt-Studie aus Australien [3], in der die positiven Auswirkungen verschiedener Tätigkeiten auf die Kognition ermittelt wurden. Über 10.000 Menschen nahmen an der Studie teil, ihr Durchschnittsalter betrug zu Studienbeginn 73,8 Jahre, mehr als die Hälfte (52,6 %) waren Frauen. Sogenannte aktive geistige Aktivitäten (z. B. Spiele wie Kartenspiele oder Schach spielen, Kreuzworträtsel oder Puzzles lösen) waren mit einem um 9 Prozent niedrigeren Demenz-Risiko verbunden.
Noch effektiver waren allerdings „intellektuelle“ Aktivitäten wie Sprachkurse, andere Fortbildungen, aber auch Briefe oder Tagebuch schreiben – sie führten zu einer Risikoreduktion von 11 Prozent. In geringerem Maße war auch die Beschäftigung mit kreativen künstlerischen Aktivitäten (Handwerk, Holz- oder Metallarbeiten und Malen oder Zeichnen) und mit passiven geistigen Aktivitäten (Lesen von Büchern, Zeitungen oder Zeitschriften, Musik- oder Radiohören) mit einem niedrigeren DemenzRisiko verbunden.
Wichtig sei nach Ansicht von Demenz-Expertin Reetz, geistig aktiv zu bleiben und sich bis ins hohe Alter zu fordern. Puzzeln kann dabei ein Baustein sein. Doch warum nicht auch ein Musikinstrument oder eine Fremdsprache erlernen oder einen Computerkurs besuchen? „Viele Menschen glauben, sie seien dafür zu alt – dabei ist es umgekehrt, sie altern geistig schneller, weil sie sich nicht mehr fordern“, erklärt Reetz.
Körper und Geist wirken zusammen, auch bei der Demenz-Prävention
Ebenso sei neben dem geistigen Training körperliche Bewegung eine aktive Demenz-Vorsorge. Besonders ideal sei es, wenn beides zusammenkomme, wie beim ambitionierten Tanzen, wenn auch neue Schrittfolgen und Figuren erlernt werden müssen. Natürlich könne man auch geistige und körperliche Aktivitäten abwechselnd im Tagesplan unterbringen, etwa morgens zur Wassergymnastik gehen, nachmittags ein kompliziertes Strickmuster ausprobieren und abends mit Freunden Karten spielen. Letzteres sei übrigens doppelt positiv.
„Denn nicht nur geistig herausfordernde Spiele, sondern auch soziale Kontakte sind eine aktive Demenz-Prävention. Sie sollte man bis ins hohe Alter pflegen“, sagt Reetz. Eine große Gefahr sieht sie darin, dass bei Menschen, die sehr stark auf den Beruf fokussiert waren, mit dem Ruhestand oft ein Großteil der Sozialkontakte wegbreche. „Die fehlende Stimulation durch Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen kann nicht dauerhaft durch ein ‚einsames Puzzlespiel‘ ersetzt werden“, sagt Reetz. Sie rät dazu, sich in Vereinen oder im Ehrenamt zu engagieren, wenn soziale Isolation drohe.
Vielfalt und gesunder Lebensstil sind wichtig
Insgesamt ist es die Vielfalt an Aktivitäten, die den Kopf jung hält. So zeigte eine große Metaanalyse mit über 2 Mio. Teilnehmenden, dass körperliche Aktivitäten das Risiko für Demenzen jeglicher Ursache um 17 Prozent, kognitive Aktivitäten es um 13 Prozent und soziale Aktivitäten es um 7 Prozent senken können. Das Risiko für eine vaskuläre Demenz war insbesondere durch Sport positiv zu beeinflussen, das für eine Alzheimer-Demenz durch Sport und Kognitionstraining [4]. Doch man kann noch mehr machen – so sollte man beispielsweise auch noch ein paar grundlegende Lebensstilmaßnahmen beherzigen: Übergewicht und hohes LDL-Cholesterin vermeiden, nicht rauchen, wenig Alkohol trinken, bestimmte Krankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck behandeln sowie Seh- und Hörschwächen korrigieren lassen. Reetz: „Dann haben Sie alles, was man zur Vorbeugung einer Demenz tun kann, getan!“
Quellen
[1] Presseinformation Ravensburger. Der Puzzle-Effekt – Stück für Stück zu mehr kognitiver Fitness im Alter. Eine Studie belegt: Puzzeln beansprucht viele kognitive Fähigkeiten. September 2018.
[2] Fissler P, Küster OC, Laptinskaya D, Loy LS, von Arnim CAF, Kolassa IT. Jigsaw Puzzling Taps Multiple Cognitive Abilities and Is a Potential Protective Factor for Cognitive Aging. Front Aging Neurosci. 2018 Oct 1; 10: 299. doi: 10.3389/fnagi.2018.00299. PMID: 30327598; PMCID: PMC6174231.
[3] Wu Z, Pandigama DH, Wrigglesworth J, Owen A, Woods RL, Chong TT, Orchard SG, Shah RC, Sheets KM, McNeil JJ, Murray AM, Ryan J. Lifestyle Enrichment in Later Life and Its Association With Dementia Risk. JAMA Netw Open. 2023 Jul 3;6(7):e2323690. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2023.23690. PMID: 37450299; PMCID: PMC10349343.
[4] Su S, Shi L, Zheng Y et al. Leisure Activities and the Risk of Dementia: A Systematic Review and Meta-analysis. Neurology. 2022 Oct 10;99(15):e1651-e1663. doi: 10.1212/WNL.0000000000200929
