Wenn im Gehirn oder Rückenmark etwas nicht stimmt, lassen sich Spuren im Nervenwasser feststellen – mittels Lumbalpunktion und Liquoranalyse. Beide Diagnose-Verfahren gehören zu den wichtigsten in der Neurologie.
Lumbalpunktion
Die Punktion ist ein schneller, wenig aufwändiger Eingriff.
Was passiert bei einer Lumbalpunktion?
Das Nervenwasser umfließt Gehirn und Rückenmark. Bei einer Lumbalpunktion entnimmt man es aus dem Inneren des Wirbelsäulenkanals. Dazu führt ein Arzt eine dünne Hohlnadel ganz unten in den Kanal ein, wo kein Rückenmark mehr ist.
Rückenmark nicht gefährdet
Am häufigsten führt man die Nadel zwischen dem dritten und vieren Lendenwirbel ein (lumbal). Diese liegen im Bereich des unteren Rückens. Das Rückenmark endet ein Stück darüber und ist so bei der Punktion nicht gefährdet.
Wie schmerzhaft ist eine Lumbalpunktion?
Die Punktion ist nicht sehr schmerzhaft. Meistens betäubt ein Arzt trotzdem die Einstichstelle, damit man so gut wie gar nichts spürt.
Wie läuft eine Lumbalpunktion im Einzelnen ab?
- Die richtige Stelle für die Punktion lässt sich leicht finden, denn sie liegt auf der Verbindungslinie der beiden Beckenkämme.
- Die Haut um die Einstichstelle desinfiziert eine Ärztin vor der Punktion und führt dann die Nadel ein.
- Wenn der Raum mit dem Nervenwasser erreicht ist, tropft es heraus und sammelt sich in einem Röhrchen. Meist entnimmt man etwa fünf Milliliter Nervenwasser.
- Anschließend reicht ein Pflaster, um die Einstichstelle nach der Lumbalpunktion zu verschließen.
Lumbalpunktion im Sitzen oder in Seitenlage
Üblicherweise sitzt der Patient leicht nach vorne gekrümmt, wenn das Nervenwasser entnommen wird. Manche Erkrankte können nicht sitzen. Dann findet die Lumbalpunktion in Seitenlage mit angezogenen Knien statt. So ist es auch bei Kindern oder wenn aus besonderen Gründen der Druck im Nervenwasser gemessen wird.
Lumbalpunktion in Bauchlage mit Röntgen
Manchmal liegen Untersuchte auf dem Bauch. Man durchleuchtet sie während der Lumbalpunktion mit Röntgen-Strahlen. Dann kann die Ärztin genau sehen, wie sie die Nadel führen muss. Nötig kann das zum Beispiel sein, wenn die Wirbelsäule stark verändert ist.
Liquoranalyse
Wenn etwas Nervenwasser entnommen ist, folgt die Liquoranalyse als nächster Schritt. Dabei ist wichtig zu wissen, welche Rolle das Nervenwasser im Körper spielt.
Was ist Nervenwasser genau?
- Das Nervenwasser wirkt wie eine Art Spülflüssigkeit für Gehirn und Rückenmark. Gleichzeitig ist es ein Polster gegen Erschütterungen.
- Bestimmte Zellen im Gehirn produzieren und erneuern das Nervenwasser laufend. Insgesamt hat der Mensch etwa 125 bis 150 Milliliter davon.
- Diese Menge wird ständig umgewälzt: Pro Tag bilden sich etwa 600 Milliliter davon neu und werden gleichzeitig an anderer Stelle wieder abgeleitet.
- Das Nervenwasser ist normalerweise klar wie Wasser. Es enthält nur wenige Zellen, vor allem Lymphozyten. Diese kommen auch im Blut vor und sind wichtig für das Immunsystem. Andere Bestandteile sind Eiweiß und Zucker.
Warum wird Nervenwasser untersucht?
Mit der Lumbalpunktion und anschließenden Liquoranalyse lässt sich feststellen, ob im Nervenwasser:
- der Anteil an enthaltenen Zellen verändert ist
- sich Tumorzellen, Entzündungszellen oder Erreger finden
- die Eiweiß- und Zuckerwerte verändert sind
- der Druck höher als normal ist
In diesen Fällen können bestimmte Erkrankungen erkannt werden.
Welche Krankheiten sind durch Lumbalpunktion und Liquoranalyse zu finden?
Entzündungen
Ist im Gehirn und Rückenmark etwas entzündet, steigt der Anteil an Zellen und anderen Bestandteilen im Nervenwasser. Die genaue Menge gibt Hinweise auf die Ursache. Das können etwa Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze sein. Diese lassen sich mitunter sogar direkt im Nervenwasser nachweisen.
Auch Autoimmun-Entzündungen können aus solchen Veränderungen erkannt werden. Zu diesen gehört unter anderem die Multiple SkleroseÖffnet in neuem Tab. Einen ersten Hinweis darauf können bestimmte Symptome oder eine Magnet-Resonanztomographie (MRT) geben. Die Liquoranalyse ist dann ein weiterer Schritt bei der Diagnose.
Blutungen
Gehirn und Rückenmark sind neben dem Nervenwasser von drei Hirnhäuten ummantelt. Blutungen in den Zwischenräumen lassen sich sehr präzise durch Lumbalpunktion und Liquoranalyse feststellen. Dies ist besonders bei kleinen Blutungen wichtig. Sie können bei einer Untersuchung mit MRT oder CT (Computertomographie) unentdeckt bleiben.
Degenerative Hirnerkrankungen
Auch bei degenerativen Krankheiten des Hirns sind Lumbalpunktion und Liquoranalyse hilfreich. Wenn sich bestimmte Eiweißstoffe finden, kann das zum Beispiel ein Hinweis auf eine Demenz vom Typ Alzheimer sein.
Tumorzellen
Die Liquoranalyse kann zudem entartete Zellen aufspüren. Diese zeigen, dass Hirnhäute oder Hirnkammern von Tumorzellen befallen sind. Im Gehirn gibt es vier dieser Kammern. Sie bilden ein Hohlraumsystem, in dem sich die verschiedenen Teile des Hirns befinden.
Wie lange dauert es bis zum Ergebnis einer Lumbalpunktion?
Die wichtigsten Werte liegen nach wenigen Stunden vor. Spezielle Analysen dauern etwa drei bis fünf Tage.
Kaum Probleme
Lumbalpunktion und Liquoranalyse kommen in einigen Fällen nicht infrage. Davon abgesehen bringt die Punktion kaum Probleme mit sich.
Wann sollte keine Lumbalpunktion erfolgen?
Erhöhter Hirndruck
Bei bestimmten Krankheiten kann der Druck im Gehirn erhöht sein, etwa bei einem großen Gehirntumor. Im Verdachtsfall stellen das eine CT oder MRT vor der Punktion fest. Auch kann man den Augenhintergrund auf Zeichen eines erhöhten Hirndrucks untersuchen.
Erhöhtes Blutungsrisiko
Auch bei stark erhöhter Blutungsneigung sollte keine Lumbalpunktion durchgeführt werden. Meistens kommt diese durch Medikamente zustande. Einfache Blutverdünner wie Aspirin oder Clopidogrel sind in Ordnung. Probleme bereiten sogenannte orale Antikoagulanzien wie Phenprocoumon, Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban oder Edoxaban.
Gibt es Risiken oder Komplikationen bei einer Lumbalpunktion?
Insgesamt ist die Lumbalpunktion ein risikoarmer Eingriff. Von 100 Patienten haben 5 bis 10 anschließend Kopfschmerzen. Das ist am ehesten bei einem größeren Nervenwasserverlust der Fall. Der Grund dafür kann sein, dass nach der Entfernung der Nadel noch Liquor aus dem kleinen Loch in der Hirnhaut ins Gewebe tropft. Der leichte Unterdruck im Nervenwasser-Raum führt dann zu den Kopfschmerzen.
Hilfe gegen Kopfschmerzen
Die Kopfschmerzen treten meist innerhalb der ersten zwei Tage nach der Punktion auf. Sie verstärken sich typischerweise beim Aufrichten und klingen nach vier bis fünf Tagen ab. Gegen die Schmerzen hilft viel zu trinken, Koffein oder das Medikament Theophyllin. Damit wird die Neuproduktion von Liquor angekurbelt.
Äußerst selten halten die Beschwerden länger an. Der Grund kann dann ein bleibendes kleines Leck im Rückenmarkskanal sein. Es lässt sich verschließen, indem man etwas Eigenblut an den Kanal spritzt.
Extrem selten treten bei 1 von 2.000 behandelten Personen weitere Probleme auf. Dazu gehören Blutungen oder Infektionen an der Punktionsstelle oder an den Hirnhäuten. Andere sind Störungen der Hirnnerven oder Thrombosen im Gehirn.

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