„Ich habe mich extrem über den Preis für das Projekt gefreut“, sagt die Empfängerin Dr. Britta Stammler vom Universitätsklinikum Tübingen. Ausgezeichnet wurde die neue Tablet-App „Negami“, deren Entwicklung Stammler mit geleitet hat.
Die App unterstützt bei der Behandlung von Menschen, deren Wahrnehmung nach einer Hirnverletzung auf einer Körper- und Raumseite vermindert ist, medizinisch Neglect genannt. Das kann etwa nach einem Schlaganfall oder Schädel-Hirntrauma auftreten.
Negami ist anderen Behandlungsmethoden überlegen
Stammler hat im Rahmen ihrer Promotion seit 2021 selbst erforscht, ob die App anderen Behandlungsformen bei Neglect überlegen ist. Dazu untersuchte sie eine Negami-Therapiegruppe im Vergleich zu einer Gruppe mit Standard-Neglect-Behandlung.
Sichtbar besser
Das Ergebnis: Die Betroffenen in der Negami-Gruppe nahmen ihre vernachlässigte Seite sichtbar besser wahr. Das zeigte sich bereits nach einer Woche Therapie und war auch bis zu zwei Monate nach deren Ende zu beobachten.
Motivation durch spielerische Therapie

„Durch die Studie konnte ich feststellen, dass die App mit ihren spielerischen Elementen Motivation und Spaß bei Menschen mit Neglect fördert“, sagt Forscherin Stammler.
Dazu schauen Betroffene auf einen Tablet-Bildschirm, bewegen diesen durch den Raum und folgen oder suchen dabei einen virtuellen Vogel. Dieser wird von der App in das Sichtfeld der Suchenden projiziert.
Negami stößt auf internationales Interesse
Die Wirkung der App hat sich herumgesprochen. „Über 220 Reha-Einrichtungen möchten sie bereits nutzen und auch international würden wir sie gerne verfügbar machen“, sagt Stammler. Therapeuten und klinische Einrichtungen in den USA, Großbritannien, Spanien, Italien, der Ukraine und Schweiz haben bereits Interesse bekundet.
Bald weltweit verfügbar
Nach der Test-Phase erscheint 2025 eine für alle nutzbare Version der App. Dazu wurde sie bereits ins Englische übersetzt und kann auf allen Betriebssystemen angewendet werden.
„Für diese letzte Entwicklungsphase war der Förderpreis der Deutschen Hirnstiftung 2023 von unschätzbarem Wert“, sagt Stammler. “Die Negami-App auf globaler Ebene zu etablieren und noch mehr Menschen zu helfen, wäre ein Meilenstein in der Behandlung des einseitigen Neglects.“
Entwicklung im interdisziplinären Team
Für die Entwicklung hat ein interdisziplinäres Team aus Medizin, Psychologie, User-Experience-Design und IT zusammengewirkt. „Die App ist dadurch sehr alltagstauglich geworden“, sagt Stammler. “Sie ist leicht zu verstehen, überfordert nicht und wird deswegen sehr gut angenommen.”
Die Idee kam ursprünglich von der Designerin Kathrin Flammer aus Karlsruhe und Prof. Dr. Dr. Hans-Otto Karnath vom Universitätsklinikum Tübingen. Dann stießen Software-Entwickler der Firma XPACE hinzu. Stammler wurde Teil des Teams über eine Promotions-Stellenausschreibung aus Tübingen für die Erforschung der Wirksamkeit und Weiterentwicklung der App.
Mehr: Webseite von XPACE zur Negami-AppÖffnet in neuem Tab
Das sagt Britta Stammler im Video zum Forschungspreis:

Unterstützen Sie mit uns die Forschung!
Mit einer Spende fördern Sie unseren jährlichen Forschungspreis und unterstützen den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ab 200 Euro stellen wir gerne eine Spenden-Bescheinigung aus.
