Autoimmunenzephalitis
Gedächtnisprobleme, Stimmungsschwankungen oder Krampfanfälle sind typische Anzeichen einer Autoimmunenzephalitis. Die Erkrankung ist gut behandelbar, vor allem, wenn sie früh erkannt wird. Durch gezielte Therapien lassen sich viele Symptome Schritt für Schritt zurückdrängen.
Autor: Prof. Dr. Harald Prüß, Uniklinik Charité Berlin

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Häufige Fragen
Was kann ich tun, wenn ich Anzeichen für Autoimmunenzephalitis bemerke?
Es ist wichtig, sich umgehend an einen Arzt zu wenden, um eine korrekte Diagnose und Behandlung zu erhalten.
Welche Komplikationen können bei Autoimmunenzephalitis auftreten?
Bei unbehandeltem Verlauf können schwere neurologische Schäden auftreten, insbesondere geistige und psychische Beeinträchtigungen. Mehr erfahren
Wie ist die Prognose bei Autoimmunenzephalitis?
Die Prognose ist individuell und hängt von der Art der Autoimmunenzephalitis, der Schwere der Symptome und der Therapie ab. Mehr erfahren
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Symptome
Schnell einsetzende psychische, geistige oder körperliche Störungen sind typische Symptome.
Die Erkrankung beginnt meist plötzlich, innerhalb weniger Tage bis Wochen. Erste Anzeichen sind Gedächtnisprobleme, Konzentrationsstörungen, Wahrnehmungsveränderungen oder auffällige Wesensänderungen.
Im weiteren Verlauf können psychiatrische Symptome wie Halluzinationen oder Wahnvorstellungen auftreten. Zudem entwickeln viele Betroffene epileptische Anfälle, Bewegungsstörungen oder Bewusstseinsstörungen.
Bei schwerem Verlauf kann auch das vegetative Nervensystem betroffen sein – etwa mit Kreislaufversagen oder Atemstörungen, die eine Intensivbehandlung notwendig machen. Menschen aller Altersgruppen können erkranken, auch Kinder und junge Erwachsene.
Ursachen
Autoantikörper greifen Rezeptoren im Gehirn an– oft ohne erkennbare Ursache.
Die Ursache ist eine fehlgeleitete Reaktion des Immunsystems. Es bilden sich Autoantikörper, die bestimmte Rezeptoren oder Ionenkanäle auf der Oberfläche von Nervenzellen angreifen. Diese Antikörper stören die normale Signalweiterleitung im Gehirn.
In einigen Fällen entsteht die Autoimmunreaktion im Zusammenhang mit Tumorerkrankungen. Dabei erkennt das Immunsystem tumorbedingte Eiweiße, die auch im Nervensystem vorkommen – und greift irrtümlich das Gehirn an.
Auch Infektionen wie eine Herpesenzephalitis können die Autoantikörperbildung triggern. In den meisten Fällen bleibt der genaue Auslöser aber unklar.

Risikofaktoren
Krebs, Virusinfekte und genetische Faktoren können das Risiko erhöhen.
Nicht jeder Mensch hat das gleiche Risiko, an Autoimmunenzephalitis zu erkranken. Einige Fälle stehen im Zusammenhang mit bestimmten Tumoren oder Virusinfektionen des Gehirns.
Es wird außerdem diskutiert, ob genetische Veranlagung und saisonale Faktoren (z. B. Infektwellen im Winter) eine Rolle spielen. Es gibt bislang keine Hinweise, dass Ernährung, Bewegung oder andere Lebensstilfaktoren das Risiko beeinflussen.
Verlauf
Unbehandelt drohen bleibende Schäden oder lebensgefährliche Komplikationen.
Bleibt die Autoimmunenzephalitis unbehandelt, kann sie dauerhafte Schäden hinterlassen. Die Entzündung zerstört Nervenzellen und führt zu kognitiven Beeinträchtigungen, Persönlichkeitsveränderungen oder bleibenden neurologischen Ausfällen.
In schweren Fällen – vor allem bei Beteiligung des vegetativen Nervensystems – kann es zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen. Eine rasche Behandlung ist daher entscheidend.

Diagnose
Spezielle Antikörpertests in Blut und Liquor bestätigen die Diagnose.
Die Diagnose basiert auf dem Nachweis spezifischer Autoantikörper. Dazu werden Blut und Nervenwasser (Liquor-Analyse) untersucht. Der häufigste Test ist ein zellbasierter Assay, bei dem die Reaktion der Antikörper auf Zellen mit bestimmten Oberflächenproteinen gemessen wird.
Je nach Form sind die Antikörper nur im Liquor oder auch im Blut nachweisbar. Ergänzend kommen bildgebende Verfahren wie Magnetresonanz-Tomographie (MRT) und EEG zum Einsatz, um entzündliche Veränderungen im Gehirn zu erkennen.

Therapie und Behandlung
Immuntherapie mit Cortison, Blutwäsche und Immunglobulinen – je früher, desto besser.
Das Ziel der Therapie ist es, die fehlgeleitete Immunreaktion schnell zu stoppen. In der Anfangsphase wird häufig Cortison eingesetzt, ergänzt durch therapeutische Apherese (Blutwäsche) oder intravenöse Immunglobuline. Diese Maßnahmen sollen die Autoantikörper aus dem Körper entfernen oder neutralisieren.
Bei fortbestehenden Symptomen kommen stärkere Immunsuppressiva zum Einsatz, etwa Rituximab oder Cyclophosphamid. Auch neurologische Begleitsymptome wie Krampfanfälle oder Schlafstörungen müssen individuell behandelt werden.
Aussicht auf Heilung
Mit früher Therapie gute Aussichten – leichte Einschränkungen bleiben manchmal zurück.
Ein früher Beginn der Immuntherapie ist entscheidend für eine gute Prognose. Innerhalb von 10 bis 14 Tagen sollte bei ausbleibender Besserung die Therapie angepasst werden. Viele Patienten erholen sich vollständig oder weitgehend.
Dennoch behalten einige Betroffene leichte Einschränkungen im Bereich Gedächtnis, Konzentration oder Impulskontrolle zurück. Rückfälle können durch langfristige Immuntherapie vermieden werden.

Alltag
Verständnis, Aufklärung und Selbsthilfegruppen stärken Betroffene und Angehörige.
Die Erkrankung verändert nicht nur das Gehirn, sondern auch das Verhalten. Für Angehörige sind die Wesensänderungen oft schwer zu verarbeiten. Wichtig ist eine schnelle Rückkehr in Alltag, Schule oder Beruf – möglich durch rechtzeitige Therapie.
Offenheit gegenüber der Erkrankung und das Verständnis für ihre Folgen helfen allen Beteiligten. Selbsthilfegruppen, wie die bundesweit aktive Gruppe Autoimmunenzephalitis, bieten emotionale und praktische Unterstützung.
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Zusammenfassung
Häufigkeit – Eine Autoimmunenzephalitis ist eine akute entzündliche Erkrankung des Gehirns und kommt 5- bis 10-mal pro 1 Million Menschen pro Jahr vor. Dabei ist die Häufigkeit zwischen den einzelnen Unterformen sehr unterschiedlich, die häufigste Form ist die NMDA-Rezeptor-Enzephalitis, andere sind durch Antikörper gegen LGI1, Caspr2, GABA(A)- oder GABA(B)-Rezeptoren, AMPA-Rezeptoren, mGluR5, GFAP oder IgLON5 charakterisiert.
Hauptsymptome – Meist kommt es akut zu einer Störung von Gedächtnis, Wahrnehmung, Konzentration, zu psychiatrischen Auffälligkeiten, Wesensänderungen oder epileptischen Anfällen, manchmal auch zu Bewegungsstörungen oder Bewusstseinsstörungen.
Diagnostik – Der Nachweis einer Autoimmunenzephalitis erfolgt über die Bestimmung spezifischer Autoantikörper im Blut oder Nervenwasser (Liquor) der Betroffenen. Zusätzlich erfolgen Schichtaufnahmen des Gehirns (MRT) und eine Hirnstromkurve (EEG).
Behandlung – Es kommen unterschiedlich stark wirksame Immuntherapien zum Einsatz, die den gegen den Körper gerichteten Angriff des Immunsystems (die Antikörper) unterdrücken.
Wichtig zu beachten – Die frühe Erkennung und Behandlung ist der wichtigste Faktor für eine langfristig gute Prognose.
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