Typische Anzeichen sind Teilnahmslosigkeit, enthemmtes Verhalten oder Sprachprobleme. FTD ist nicht heilbar und verläuft unterschiedlich schnell. Mit gezielten Therapien, strukturierter Begleitung und Verständnis im Umfeld lässt sich der Alltag oft deutlich besser bewältigen.
Autorin: Prof. Dr. Kathrin Reetz, Translationale Neurodegeneration, Klinik für Neurologie, Uniklinik Aachen (zuletzt aktualisiert: August 2024)
FTD ist eine Form der Demenz, die sich durch den Abbau von Nervenzellen in den Frontal- und Temporallappen des Gehirns auszeichnet. Diese Bereiche sind für Verhalten, Sprache, Entscheidungsfindung und Persönlichkeit zuständig, was zu den charakteristischen Symptomen führt.
Darf man mit einer Demenz noch Auto fahren?
Menschen mit einer frontotemporalen Demenz können häufig nicht mehr verantwortungsvoll am Straßenverkehr teilnehmen. Betroffene im Frühstadium (beginnende Sprachstörung, leichte kognitive Störung oder leichte Demenz) sollten ihre Fahreignung prüfen lassen.
Wie lange darf man seinen Beruf noch ausüben?
Dies hängt sehr vom Krankheitsstadium und der Belastung am Arbeitsplatz ab. Man sollte das Thema daher hinsichtlich der nötigen Anforderungen und Leistungsfähigkeit besprechen. Wenn die Erkrankung fortschreitet, sollte man die Belastung und potenzielle Risiken am Arbeitsplatz regelmäßig überprüfen.
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Die frontotemporale Demenz zeigt sich oft zuerst durch auffälliges Verhalten, Desinteresse oder Probleme beim Sprechen.
Die frontotemporale Demenz ist eine schwere, nicht heilbare und fortschreitende neurologische Erkrankung. Typisch sind:
eine langsam zunehmende Persönlichkeitsveränderung
Verhaltensstörungen
Verlust sozialer Fähigkeiten, wie zum Beispiel weniger Empathie
sozialer Rückzug
Im Verlauf der Erkrankung sind geistige Leistungsfähigkeit, Gedächtnis und Sprachfunktionen immer mehr beeinträchtigt. Auch kommt es zu Teilnahmslosigkeit und Gleichgültigkeit (Apathie).
Man unterscheidet zwei Hauptformen der frontotemporalen Demenz:
Verhaltensvariante der frontotemporalen Demenz
Die Verhaltensvariante ist die häufigste Form. Kennzeichnend sind frühe Veränderungen der Persönlichkeit und Probleme im Sozialkontakt. Betroffene zeigen häufig ein enthemmtes, impulsives, sozial unangemessenes Verhalten und einen Verlust an Mitgefühl und Einfühlungsvermögen.
Hinzukommen können:
zwanghaft wirkende Verhaltensweisen (zum Beispiel wiederholte Kontrolle, ob eine bestimmte Tätigkeit ausgeführt wurde)
ein anderes Essverhalten mit mehr Lust auf Süßes
Schwierigkeiten beim Umsetzen komplexerer Aufgaben
abnehmender persönlicher Antrieb bei den Betroffenen
Primär Progrediente Aphasie (PPA)
Bei der zweiten Hauptform, der Primär Progredienten Aphasie (PPA), können die Sprache und das Sprechen früh gestört sein. Erkrankte haben Wortfindungs- und Verständnisstörungen. Sie verwechseln Buchstaben, machen grammatikalische Fehler und der Satzbau ist gestört. Das führt im Verlauf zu einem angestrengt wirkenden Sprachstil. Die Betroffenen sprechen immer weniger, die Aussprache wird undeutlich und nuschelig.
Zu den körperlichen Symptomen können eine frühe Harninkontinenz und eine Veränderung des Spannungszustandes der Muskeln (Muskeltonus) gehören. Letzterer kann sich zum Beispiel anfühlen wie eine Muskelversteifung oder wie ein Muskelkater. In seltenen Fällen werden auch Übergänge und Überlappungen zu anderen neurodegenerativen Erkrankungen beobachtet, zum Beispiel zur Amyotrophen Lateralsklerose (ALS).
Prominente Beispiele für die frontotemporale Demenz sind der Schauspieler Bruce Willis und die Moderatorin Wendy Williams.
Ursachen von Frontotemporaler Demenz
Ursache ist ein fortschreitender Abbau von Nervenzellen in Stirn- und Schläfenbereich des Gehirns.
Die frontotemporale Demenz ist eine sogenannte neurodegenerative Erkrankung des Gehirns. Dabei handelt es sich um einen fortschreitenden Abbau von Nervenzellen in bestimmten Hirnbereichen. Er beginnt im Stirn- und Schläfenbereich. Daher kommt auch der Name „frontotemporal“: Hinter der Stirn liegt der sogenannte Frontal-Lappen des Gehirns, hinter der Schläfe der Temporal-Lappen.
Der Frontal-Lappen ist für die Kontrolle der Gefühle, des Sozialverhaltens und für die Handlungskoordination sowie die Einsicht zuständig. Ist er geschädigt, treten die oben beschriebenen Symptome der Verhaltensvariante der frontotemporalen Demenz auf.
Der Temporal-Lappen liegt im Schläfenbereich und ist Sitz unserer Sprache. Bei Schädigung der Temporalregion des Gehirns kommt es zu Sprachstörungen, wie bei der primären progressiven Aphasie.
Familiäre Vorbelastung erhöht das Risiko. Genetische Veränderungen spielen oft eine Rolle.
Bei etwa 30 bis 50 Prozent aller Betroffenen ist bekannt, dass weitere Familienmitglieder erkrankt sind an der frontotemporalen Demenz oder verwandten Erkrankungen wie der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS).
Bei ungefähr 10 Prozent aller Betroffenen lässt sich eine genetische Ursache nachweisen. Die bislang häufigsten bekannten Erbgutveränderungen sind Mutationen der Gene C9ORF72, GRN und MAPT. Diese folgen einem sogenannten autosomal-dominanten Erbgang. Das bedeutet: Kinder von Elternteilen, die eine genetisch bedingte frontotemporale Demenz haben, erben die verantwortlichen Gene mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent.
Weitere Risikofaktoren, die für die frontotemporale Demenz spezifisch sind, wurden noch nicht abschließend geklärt. Für alle Demenzen gelten aber als allgemeine Risikofaktoren: geringe Bildung, Hörminderung, Bluthochdruck, Rauchen, Fettleibigkeit, Depression, Bewegungsmangel, Diabetes, übermäßiger Alkoholkonsum, traumatische Kopfprellungen (z. B. nach einem Unfall), Luftverschmutzung, soziale Isolation, hoher Cholesterinspiegel, nachlassende Sehkraft und chronischer Schlafmangel.
Der Verlauf hängt davon ab, wie stark das Gehirn betroffen ist. Manche Menschen zeigen früh auffälliges Verhalten, bei anderen steht die Sprachstörung im Vordergrund. Insgesamt verschlechtert sich die geistige Leistungsfähigkeit nach und nach.
Diagnose
Erste Anlaufstelle ist die Hausarztpraxis. Es folgen Gedächtnistests und Untersuchungen des Gehirns mit Bildgebungsverfahren.
Bei Verdacht auf eine frontotemporale Demenz wenden Sie sich am besten zunächst an Ihren behandelnden Arzt. Das gilt insbesondere bei langsam zunehmenden Verhaltensstörungen ungeklärter Ursache oder bei Sprachstörungen. Ihr Arzt kann Sie dann an einen Neurologen, Psychiater oder an eine Gedächtnissprechstunde überweisen.
Zur weiteren Abklärung gibt es in der Regel zunächst eine:
ärztliche Erhebung der bisherigen Erkrankungsvorgeschichte
körperlich-neurologische Untersuchung etwa von Muskeltonus und Reflexen
psychiatrische Untersuchung, ob zum Beispiel eine Depression vorliegt
neuropsychologische Testung etwa der Aufmerksamkeit, Sprache und des Gedächtnisses
Liegt vorrangig eine Sprachstörung vor, kann eine genaue Sprachtestung erfolgen. Hier wird geprüft, wie gut Betroffene sich frei unterhalten (Spontansprache) sowie Wörter und Sätze nachsprechen können.
Die häufigste Ursache einer Störung der geistigen (kognitiven) Funktionsfähigkeit, wie bei der frontotemporalen Demenz, ist die Alzheimer-Krankheit. Um Alzheimer als Ursache auszuschließen, wird eine Untersuchung des Nervenwassers im Rückenmark empfohlen. Für die Diagnose wird zudem ein Bild des Gehirns mit einer Magnetresonanz-Tomographie (MRT) erstellt. Bei Hinweisen auf eine familiäre Erkrankung kann eine Blutentnahme zur genetischen Untersuchung erfolgen.
Die Krankheit lässt sich nicht heilen, aber Symptome wie Unruhe oder Desinteresse können behandelt werden.
Bislang ist keine Heilung der frontotemporalen Demenz möglich. Die Symptome und der Krankheitsverlauf der frontotemporalen Demenz können sehr unterschiedlich sein und mit anderen neurologischen Erkrankungen überlappen. Daher sind regelmäßige Untersuchungen unerlässlich, um die Behandlung und Versorgung individuell anpassen zu können.
Medikamente
Es gibt zurzeit keine speziellen Medikamente, um die Kognition oder Sprache bei frontotemporaler Demenz zu verbessern. Medikamentös behandeln lassen sich allerdings Symptome wie Depression, Apathie, vermehrte Unruhe und Erregung oder aggressives Verhalten.
Therapeutische Verfahren
Ratsam für Verbesserungen im Alltag sind:
Training, um besser mit alltäglichen Tätigkeiten zurechtzukommen (Ergotherapie)
geistiges Training und Stimulation, zum Beispiel zum Stärken der sozialen Interaktion
Erinnerungen an frühere, schöne Erlebnisse, etwa durch Fotos oder Musik (Reminiszenz-Therapie)
Hilfestellungen zur Realitätsorientierung mit dem Ziel der Verbesserung von Orientierung (z.B. Beschilderung von Türen und Schränken, gut lesbare Uhren und Kalender), Ermutigung von Kommunikation, Unterstützung von sozialen Interaktionen sowie Beziehungsförderung
Training von beeinträchtigten komplexen kognitiven Fähigkeiten (kognitive Rehabilitation)
Diese führt man am besten in frühen Stadien der Krankheit durch, also bei einer leichten kognitiven Störung oder einer leichten bis mittelschweren Demenz.
Insbesondere Betroffene mit einer primären Sprachstörung sollten Logopädie erhalten. Für kognitive und sprachliche Trainings gibt es auch erste digitale Anwendungen. Bei Verhaltensstörungen empfehlen sich psychotherapeutische Verfahren.
Derzeit ist die frontotemporale Demenz nicht heilbar und lässt sich nur bedingt behandeln.
Leben und Alltag mit ALS
Die frontotemporale Demenz verändert nicht nur das Leben der Erkrankten, sondern belastet auch Angehörige stark – körperlich wie seelisch.
Pflege organisieren
Man sollte daher frühzeitig die Pflegebedürftigkeit des erkrankten Menschen prüfen und klären, wie sich pflegende Angehörige oder Ehrenamtliche unterstützen lassen können. Das Bundesministerium für Gesundheit informiert hierzu in einem Online-Ratgeber Pflege.
Pflegende sollten sich frühzeitig Hilfe suchen, wenn sie seelisch mit der Situation nicht zurechtkommen oder leichte Niedergestimmtheit (Depression) bei sich feststellen. Dann sind eine kognitive Verhaltenstherapie, Verhaltensaktivierung oder eine Kombination verschiedener Therapieansätze (Multikomponenten-Intervention) zu empfehlen.
Informationen und Beratung finden
Um den Umgang im Alltag zu erleichtern und mehr über die seltene Erkrankung frontotemporale Demenz zu erfahren, gibt es Informations- und Beratungsangebote sowie Selbsthilfegruppen. Unterstützung dabei bietet zum Beispiel der Verein Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE).
Menschen mit Demenz verlieren nach und nach Fähigkeiten wie Denken, Erinnern, Sprechen oder sich zu orientieren. Demenz lässt sich nicht heilen, aber vor allem in frühen Stadien behandeln, um möglichst lange ein aktives Leben zu führen.
Alzheimer verursacht Probleme mit dem Gedächtnis, dem Denken und dem Verhalten. Die Behandlung umfasst ein breites Spektrum von Maßnahmen.
Zusammenfassung
Häufigkeit – Die frontotemporale Demenz gehört zu den seltenen neurologischen Erkrankungen. Sie macht 5 Prozent aller Demenzen aus. Allerdings spielt hier das Alter eine große Rolle: Unter 65 Jahren ist die frontotemporale Demenz nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Demenzerkrankung.
Hauptsymptome – Typisch sind eine langsam fortschreitende Persönlichkeitsveränderung, Verhaltensstörungen und ein Verlust sozialer Fähigkeiten. Im Verlauf sind geistige Leistungsfähigkeit, Gedächtnis und Sprachfunktionen zunehmend beeinträchtigt.
Diagnose – körperlich-neurologische und psychiatrische Untersuchung, neuropsychologische Testung, Nervenwasseruntersuchung, Bilduntersuchung des Gehirns und genetische Untersuchung bei Hinweisen auf eine familiäre Erkrankung
Behandlung – Bislang ist keine Heilung möglich. Medikamentös behandeln lassen sich Symptome wie Depression, Apathie, vermehrte Unruhe und Erregung oder aggressives Verhalten. Hinzukommen therapeutische Verfahren wie Ergotherapie.
Wichtig zu beachten – Die Symptome und der Krankheitsverlauf der frontotemporalen Demenz können sehr unterschiedlich sein und mit anderen neurologischen Erkrankungen überlappen. Daher sind regelmäßige Untersuchungen unerlässlich, um die Behandlung und Versorgung individuell anpassen zu können.
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