Parkinson schränkt schleichend die Beweglichkeit ein. Eine Gruppe Betroffener boxt, tritt und schlägt im wahrsten Sinne dagegen an – mit Erfolg. Die Deutsche Hirnstiftung unterstützt das besondere Kick-Boxtraining mit 500 Euro aus Spendengeldern.
Eine Ansammlung von Industrie- und Handelsfirmen im Süden von Hamburg, dazwischen eine Kampfsportschule. Kein Ort, an dem man Menschen mit Parkinson vermutet. Doch wer die Schule betritt, wird von der hellen, freundlichen Atmosphäre überrascht. Im Raum finden sich fertig für das Training zahlreiche Ausrüstungsgegenstände, Sandsäcke und Gummibodenmatten.
Ein kleines Wunder und Wahnsinnsspaß beim Kick-Boxen
„Kick-Boxen ist das Beste, was mir je passiert ist“, sagt Horst. 2017 bekam er die Diagnose Parkinson und vor zwei Jahren begann er mit dem Kick-Boxen. Seine Kraft und Zuversicht hätten sich verbessert und er habe „ganz viele neue Projekte angefangen.“
Möglich wurde dieses kleine Wunder durch die Gruppe „Kick Parkinson“, die Anfang 2022 in Maschen bei Hamburg gegründet wurde. Bei dieser Sportart wird Boxen mit Schlagen und Treten kombiniert. „Man kommt aus sich raus – richtig schön“, sagt Uwe, der seit eineinhalb Jahren dabei ist. „Das bringt einen Wahnsinnsspaß.“
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Prüfung zum graugelben Gurt im Kick-Boxen bestanden
Nebenbei trainieren die Gruppenmitglieder noch Ausdauer, Koordination, Schnelligkeit, Beweglichkeit und Reflexe. Fähigkeiten, die durch Parkinson langsam immer mehr abnehmen. Hinzukommt beim Kick-Boxen das Gleichgewichtstraining, da man beim Treten nach vorne und zur Seite nur auf einem Bein steht.
Dass sie die Grundzüge des Sports beherrscht, hat die Gruppe 2023 gezeigt. „Da hatten wir unsere Prüfung zum graugelben Gurt“, sagt Beate Schönwald. Sie hat „Kick Parkinson“ 2022 ins Leben gerufen und arbeitet ansonsten am Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf als sogenannte Parkinson-Nurse. Das ist eine Krankenschwester mit Zusatzqualifikation für Parkinson-Erkrankte.
Anderen nahezu ebenbürtig
„Ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich sehe, mit welcher Kraft und Ausdauer die Teilnehmer hier jede Woche erscheinen“, sagt Kick-Boxtrainer Gunnar, der die Gruppe gemeinsam mit Beate betreut. „Ihre Leistung ist der anderer Schüler nahezu ebenbürtig.“
Der Gegner heißt James Parkinson
Das Alter oder Krankheitsstadium spielt beim Training keine Rolle. „Wir hauen uns hier ja nicht gegenseitig auf die Glocke“, sagt Mitstreiter Horst. „Nur Handschuhe, Sandsäcke, Schlag- und Kickpolster sind unsere Gegner. Aber der eigentliche Kontrahent“, ergänzt er, „mit dem wir hier in den Ring steigen, heißt James Parkinson.“ Denn nach diesem schottischen Arzt ist die Krankheit benannt.
Die Gruppenmitglieder sind von Ende 30 bis Anfang 80 Jahre alt. 18 Frauen und Männer sind mittlerweile dabei. „Ihre Verbesserungen hat sogar eine begleitende wissenschaftliche Arbeit belegt“, sagt Initiatorin Beate.
Und dabei ging es nicht nur um die körperlichen Effekte des Trainings. Besser geworden seien auch die Stimmung und Sprache, die bei Parkinson leise und undeutlich werden kann. Denn das Zwischenmenschliche kommt bei „Kick Parkinson“ auch nicht zu kurz.
Wer bei „Kick Parkinson“ mitmachen möchte, kann gerne Kontakt aufnehmen: Universitätsklinikum Eppendorf, Parkinson Tagesklinik, Beate Schönwald, 0152 22 81 63 80, b.schoenwald@uke.de
„Sehr viel mehr Lust“ durch Kick-Boxen
Neben den wöchentlichen Treffen steht man über eine WhatsApp-Gruppe im Austausch und alle halbe Jahre gibt es ein gemeinsames Essen. Auf den Punkt bringt es Jürgen, einer der ältesten in der Runde: „Das Training gibt mir viel Freude, man trifft die anderen Leute, wird viel beweglicher und hat sehr viel mehr Lust.“
Ein Video vom Training der Gruppe:
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