Weihnachten steht vor der Tür und vielen Menschen wird zum Fest der Liebe ihre eigene Einsamkeit besonders schmerzhaft bewusst. Das ist nicht nur ein soziales Problem. Einsamkeit hat auch eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für die Gesundheit – insbesondere die Hirngesundheit.
Einsamkeit als neurologischer Risikofaktor
So kann Einsamkeit zum einen Krankheiten auslösen: Bei Demenz-Erkrankungen etwa gehen allein fünf Prozent auf das Konto sozialer Isolation [1]. In Deutschland entspricht das etwa 20.000 neuen Fällen pro Jahr. Einsamkeit stellt somit ein größeres Risiko für die geistige Gesundheit dar als Hirntraumata, exzessiver Alkoholgenuss oder Fettleibigkeit.
Alleinsein erhöht Schlaganfallrate
Langanhaltende Phasen des Alleinseins können auch über körperliche, psychosoziale und verhaltensbedingte Mechanismen zum Anstieg des Schlaganfallrisikos führen. Bei betroffenen US-Veteranen etwa stieg die Schlaganfallrate um 56 Prozent [2].
Aus körperlicherSicht haben einsame Menschen häufiger Bluthochdruck oder ein aktiviertes Stresshormonsystem.
Aber auch psychosoziale Faktoren, wie eine Depression, können Schlaganfälle begünstigen [3].
Zu den verhaltensbedingten Mechanismen gehören ungesunde Lebensweisen, die bei einsamen Menschen meistens häufiger anzutreffen sind. Sie nehmen zum Beispiel Medikamente oft weniger verlässlich ein, schlafen weniger und konsumieren mehr Tabak oder Alkohol.
Neurologisch erkrankt? Wir beraten Sie: ☎️ 030 531437936 (Mo 14-18, Mi 10-14 Uhr, kostenfrei) oder online.
Einsame Menschen leben oft ungesünder
Je einsamer und körperlich weniger aktiv Menschen sind, desto geringer ist vielfach auch ihre Gesundheitskompetenz – also das Wissen darüber, wie man gesund lebt [4].
„Bei fast all diesen Faktoren stellt sich allerdings die Henne-Ei-Frage: Trinke ich mehr Alkohol, weil ich einsam bin, oder bin ich einsam, weil ich so viel Alkohol trinke?“, erklärt Prof. Dr. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung. „Die Zusammenhänge sind sehr vielschichtig und bestehen in beide Richtungen.“
Einsamkeit als Folge neurologischer Krankheiten
Einsamkeit ist zudem nicht nur Risikofaktor, sondern oft auch Folge einer neurologischen Erkrankung:
Neurologisch Erkrankte haben häufig körperliche Einschränkungen und sind nicht mehr so mobil.
In einigen Fällen sind auch die Sprache als wichtiges Kommunikationsmittel oder sogar die geistigen Fähigkeiten beeinträchtigt.
Erschwerend hinzu kommen Arbeitsverlust und finanzielle Sorgen.
Die Betroffenen können oft nicht mehr wie früher am sozialen Leben teilnehmen, manche ziehen sich auch aus Angst oder Scham bewusst zurück.
So zeigen Studien, dass viele Schlaganfall-Betroffene sich zum Beispiel isoliert und einsam fühlen [5, 6]. Das kann auch eine direkte, rein körperliche Folge des Anfalls sein [7]. Wenn die rechte Hirnhälfte geschädigt ist, kann etwa die Verarbeitung von Emotionen beeinträchtigt sein und dies die Einsamkeit verstärken.
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Einsam und krank – ein möglicher Teufelskreis
„Ob unmittelbare körperliche oder indirekte Krankheitsfolge: Einsamkeit ist Gift für die Genesung“, erklärt Neurologe Erbguth. Und sie führt in einen Teufelskreis. Das beste Beispiel dafür sind Demenz-Erkrankte: Wenn sie einsam sind, haben sie weniger geistige Stimulation, was wiederum das Fortschreiten der Krankheit begünstigt.
In einer Selbsthilfegruppe den Teufelskreis durchbrechen
Gerade soziale Beziehungen sollten neurologische Erkrankte daher möglichst aufrechterhalten oder sogar ausbauen. Selbsthilfegruppen können hier einen wichtigen Beitrag leisten. Sie bieten ein Miteinander, Erfahrungsaustausch, Unterstützung und das Gefühl der Zugehörigkeit [8].
„Das ist gerade dann wichtig, wenn durch die Krankheit andere soziale Gruppen wegbrechen, denen man angehörte, etwa Kolleginnen und Kollegen oder die Sportmannschaft“, so Erbguth.
Gemeinsam statt einsam – die Hirnstiftung unterstützt dabei
Passend zur Vorweihnachtszeit haben wir zudem einen Kochkurs für und mit Betroffenen organisiert. Mit unserem Video Kochen verbindet – trotz neurologischer Einschränkungen möchten wir zum Nachkochen einladen und zeigen, was Menschen trotz körperlicher Einschränkungen in der Gruppe zusammen erreichen können.
„Immer wieder was wagen“
Wie viel das bedeuten kann, brachte eine Teilnehmerin auf den Punkt: „Der Kochkurs brachte Erinnerungen an früher zurück und hat gezeigt, dass die Grenzen noch nicht ausgelotet sind. Dass es sich lohnt, immer wieder was zu wagen.“
Selbsthilfegruppen finden Interessierte bundesweit über die Nationale Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe (NAKOS). Auf deren Webseite sind Selbsthilfekontaktstellen gesammelt, die Adressen von Gruppen in der Nähe vermitteln.
Wir unterstützen neurologische Selbsthilfe-Gruppen