Immer wieder „schläft“ nachts die Hand ein, verbunden mit Schmerzen oder Kribbeln – ein sogenanntes Karpaltunnel-Syndrom. Etwa jeder sechste Berufstätige ist davon mal betroffen. Für die richtige Behandlung braucht es eine genaue Diagnose.
Der Karpaltunnel
Er befindet sich auf der Innenseite am Handgelenk, gebildet aus den Handwurzelknochen und einem quer darüber verlaufenden Bindegewebsband. Durch ihn verlaufen der Handmittelnerv und Muskelsehnen.
Probleme durch Überlastung, Reizung oder Alter
Durch Überlastung oder Reizung kann das Gewebe im Tunnel anschwellen und den Nerven unter Druck setzen. Mit zunehmendem Lebensalter wird der Tunnel zudem durch Verschleiß oft enger.
Genaue Diagnose wichtig
Je früher die Behandlung beginnt, umso besser ist es für die Prognose. Dazu braucht es eine genaue Diagnose zum Zustand des Karpaltunnels und des Nervs.
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Hier gibt es einige einfache Tests:
Überstreckt man zum Beispiel das Handgelenk circa eine Minute nach vorne oder hinten, treten bei einem Karpaltunnel-Syndrom meist typische Symptome wie Schmerzen oder Taubheit überwiegend am Zeige- bis Ringfinger auf.
Ergänzend lässt sich die Nervenleitgeschwindigkeit im betroffenen Bereich elektrisch messen.
Mittels bildgebender Verfahren wie Ultraschall und Magnetresonanz-Tomographie (MRT) kann man den Nerv direkt darstellen und häufig die genaue Stelle der Einengung finden.
Bei vielen Menschen sind die Beschwerden nicht sehr stark und treten nur selten im Schlaf oder bei besonderer Belastung des Handgelenkes auf. Hier kann es ausreichen, insbesondere nachts eine Schiene oder Bandage am Handgelenk zu tragen. Auch sollte man einseitige oder starke Belastungen vermeiden.
Schwellung im Karpaltunnel verringern
Hilft ein Schonen des Handgelenks nicht, können Medikamente wie Ibuprofen, Diclofenac oder auch Cortison helfen, die über Wochen eingenommen werden und zu einem Abschwellen des Gewebes führen. Bei empfindlichen Personen muss dieses unter einer Magenschutz-Medikation erfolgen.
Behandlung mit Cortison
Alternativ kann Cortison auch direkt in den Karpaltunnel gespritzt werden. Hierbei besteht aber ein gewisses Risiko einer zusätzlichen Nervenverletzung. Bei anhaltenden Beschwerden lässt sich die Behandlung wiederholen. Ob das dauerhaft hilft, ist allerdings unsicher. Auch müssen die Nebenwirkungen solcher Therapien bedacht werden.
Nerv im Karpaltunnel wieder „befreien“
Bewegt man die Hand, bewegt sich auch der Nerv. Im verengten Karpaltunnel ist das oft nicht möglich. Der Nerv wird dadurch in die Länge gezogen oder gestaucht, was zu weiteren Schäden führen kann.
Spezielle Bewegungsübungen
Mittlerweile werden von manchen Therapeuten spezielle Bewegungsübungen empfohlen, durch die der Nerv sich „befreien“ lassen und wieder „gleitfähiger“ gemacht werden soll. Nach einer Schulung können Betroffene die Methode eigenständig anwenden. Ob diese Methode langfristig Erfolg hat, ist allerdings noch offen.
Als letzter Schritt ist eine Operation möglich. Um den Druck auf den Nerven zu verringern, durchtrennt man das Bindegewebsband, das mit den Handwurzelknochen zusammen den Karpaltunnel bildet. Bei den meisten Menschen verringert das die Beschwerden dauerhaft oder diese verschwinden sogar. In einigen Fällen geschieht das zu früh, in anderen zu spät.
Frühzeitig neurologisch untersuchen
Oft verschwinden die Beschwerden auch von allein wieder oder es hilft eine Behandlung ohne OP. Es ist daher immer ratsam, ein Karpaltunnel-Syndrom frühzeitig neurologisch untersuchen zu lassen. Das ist wichtig, um den genauen Zustand des Nervs zu erfahren und ihn entsprechend richtig zu behandeln.
Ein Beitrag von: PD Dr. med. Andrea Jaspert-Grehl, Fachbeirätin der Deutschen Hirnstiftung und Oberärztin der Neurologischen Klinik am Alfried Krupp Krankenhaus Essen