Long Covid stellt für Erkrankte und Behandelnde eine große Herausforderung dar. Das beginnt bereits bei der Diagnose. Die Gewinnerinnen des Forschungspreises der Deutschen Hirnstiftung 2021 konnten einen Beitrag leisten, um das zu ändern.
Bei bis zu 10 Prozent der Covid-Betroffenen tritt Long Covid auf, mit Symptomen wie Fatigue, Kopfschmerzen und Gedächtnisproblemen. Sie können bis zu 12 Monate nach der akuten Infektion anhalten.
Belastbare Biomarker für Diagnose fehlen
Ein großes Problem ist zudem: Die Symptome dieser komplexen Erkrankung sind unspezifisch und lassen sich schwer objektivieren. Im Moment fehlen für die Diagnose belastbare Biomarker, die man mit Standarduntersuchungen in Blut oder im Liquor (Gehirnwasser) messen und bewerten kann.
Die Forscherinnen Dr. Julia Walders und Dr. Ana Costa von der Uniklinik RWTH Aachen sowie Dr. Anna Hofmann von der Uniklinik Tübingen wollten Abhilfe schaffen – und einen Grundstein für eine spezifische und einheitliche Diagnostik einer Long-Covid-Erkrankung legen.
Vielversprechender Kandidat im Visier
Die Deutschen Hirnstiftung unterstützte das Vorhaben mit 5.000 Euro und ihrem Forschungspreis 2021. Ziel der drei Wissenschaftlerinnen war: neue, bislang wenig erforschte laborchemische Biomarker nach einer Covid-19-Infektion zu untersuchen.
Als vielversprechender Kandidat wurde das Protein „Neurofilament light chain“ (NfL) identifiziert, ein wichtiger Bestandteil von Nervenzellen. Bei neurodegenerativen Erkrankungen wie der Alzheimer-Erkrankung wird es freigesetzt und hat sich bereits als verlässlicher und einfach verfügbarer Biomarker etabliert.
Geförderte Forschung gibt wichtige Hinweise
Das Ergebnis der von der Deutschen Hirnstiftung unterstützten Forschung: Im Gegensatz zu Patienten mit schwerem COVID-19 Verlauf, die im Krankenhaus behandelt werden mussten, waren die NfL-Werte bei Patienten mit mildem Verlauf deutlich niedriger.
„Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine direkte Schädigung des Gehirns nicht die Ursache für anhaltende Gedächtnisprobleme und Erschöpfung bei Long Covid ist“, sagt Forscherin Walders. Es sei aber noch unklar, wie aussagekräftig die NfL-Werte bei Long Covid seien, da andere Studien durchaus Zusammenhänge mit kognitiven Beeinträchtigungen hätten.
Walders: „Um das besser zu verstehen, sind weitere Analysen erforderlich, idealerweise an Erkrankten, die vor allem kognitiven Problemen haben.“ Auf Basis ihrer Ergebnisse konnten die Forscherinnen dazu weitere Fördermittel von über 230.000 Euro bei der Else Kröner Fresenius Stiftung einwerben.
Konkret, uni-übergreifend und interdisziplinär
„Wir haben uns unglaublich über den Förderpreis der Deutschen Hirnstiftung gefreut“, sagt Walders. „Er war nicht nur eine einmalige Möglichkeit, unsere Projektidee in die Tat umzusetzen. Er war für uns gleichermaßen eine große Chance, eine Kooperation forschungsbegeisterter, junger Wissenschaftlerinnen in Aachen und Tübingen zu etablieren.“
Diese uni-übergreifende Kooperation war neben dem sehr konkreten Forschungsgegenstand und der interdisziplinären Zusammenarbeit ausschlaggebend für die Auszeichnung. Walders und Hofmann sind Neurologinnen, Costa ist Neuropsychologin.
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