Demenz-Vorsorge: Es ist nie zu spät – oder zu früh
09.08.2024
Demenz-Vorsorge: Es ist nie zu spät – oder zu früh
Fast die Hälfte aller Demenz-Erkrankungen lässt sich durch einen anderen Lebensstil abwenden. Zu den empfohlenen Maßnahmen sind jetzt zwei neue hinzugekommen. Die nächste gute Nachricht: Das Ruder lässt sich auch noch in mittleren Lebensjahren herumreißen.
Eine Expertenkommission der renommierten medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“ ergänzte auf der Risiko-Liste für Demenz aktuell zwei neue Faktoren, gegen die man vorgehen kann: Sehschwäche und zu hohe Cholesterinwerte [1]. Schon früher hatte die Lancet-Kommission solche Faktoren identifiziert. Insgesamt ergeben sich daraus jetzt 14 Lebensstilmaßnahmen, mit denen man sein Demenzrisiko nahezu halbieren kann.
Demenz-Faktor: zu hohe LDL-Cholesterinwerte in den mittleren Lebensjahren
Viele Studien haben gezeigt, dass ein Zusammenhang zwischen hohem LDL-Cholesterin und späteren Demenz besteht. LDL-Cholesterin begünstigt Gefäßverkalkungen und das Fortschreiten von Ablagerungen in den Gefäßen. Doch gerade das Gehirn will gut mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden.
Für bessere Cholesterinwerte kann man etwas tun: „Sie lassen sich durch Sport und eine gesunde Ernährung in der Regel gut senken“, erklärt Prof. Dr. Frank Erbguth, Präsident der Deutschen Hirnstiftung. „Bei sehr hohen Werten werden Medikamente, sogenannte Lipidsenker, verschrieben.“
Demenz-Faktor: Abnehmende Sehkraft im hohen Alter
Als weiteren Demenz-Risikofaktor, auf den man Einfluss nehmen kann, definierte die Lancet-Kommission eine abnehmende Sehkraft im Alter. „Menschen, die im Alter nicht mehr gut sehen, verlassen aus Angst vor Stürzen häufig nicht mehr die Wohnung, was zur sozialen Isolation beiträgt“, erklärt Prof. Dr. Kathrin Reetz, Präsidentin der Deutschen Hirnstiftung.
„Oft fallen auch Lesen, Teilnahme an Gesellschaftsspielen, Handarbeiten oder Bewegung schwer – alles Dinge, die den Kopf fit halten. Es ist daher wichtig, gerade bei betagten Menschen regelmäßig Sehtests durchzuführen und die Brillenstärke anzupassen.“
Mit 14 Maßnahmen Demenz-Erkrankungen vermeiden
Insgesamt lässt sich das Demenzrisiko senken, wenn man etwas gegen die folgenden 14 Risikofaktoren tut:
Geringe Bildung
Schwerhörigkeit
Hohes LDL-Cholesterin
Depression
Hirntraumata (z. B. durch Kontaktsportarten)
Bewegungsarmut
Diabetes mellitus
Rauchen
Bluthochdruck
Fettleibigkeit
Exzessiver Alkoholkonsum
Soziale Isolation
Luftverschmutzung
Verlust der Sehkraft
Wann sollte die Demenz-Vorsorge beginnen?
Möglichst früh! „Bereits im Kinder- und Jugendalter sollte auf Bildung, Bewegung, Vermeidung von Fettleibigkeit, Diabetes, Bluthochdruck geachtet werden“, so Prof. Erbguth. Darüber hinaus sollten Kinder zum Sport animiert und vor Gehirn-Erschütterungen geschützt werden. „Insgesamt lässt sich aber sagen, dass die mittleren Lebensjahre zwischen 45 und 59 Jahren entscheidend für die Demenz-Prävention sind. Deswegen sollte die Prävention in jedem Fall ab Mitte 40 im Fokus stehen, denn hier lässt sich das Ruder noch herumreißen.“
Durch die Behandlung der Risikofaktoren gelingt es, die dadurch bedingten Gefäßschäden, Stress- und Entzündungs-Prozesse zu vermindern, die geistige Funktions- und Leistungsfähigkeit des Gehirns zu stärken und zugrundeliegende Krankheits-Mechanismen zu reduzieren. Durch dieses komplexes Zusammenspiel kann das Auftreten einer Demenz zu verhindert bzw. verlangsamt werden.
Demenz weiterhin weltweit auf dem Vormarsch
Durch einen gesünderen Lebensstil könnte fast jede zweite Demenz-Erkrankung verhindert werden. Doch es wird weltweit ein Anstieg an Demenz-Erkrankungen beobachtet. Ein Grund: Wir werden immer älter und damit steigt das Risiko, eine Demenz zu bekommen. Zum anderen nehmen immer mehr Menschen weltweit einen ungesunden Lebensstil an.
In den Industrienationen steigt die Zahl der Demenz-Erkrankungen nicht ganz so stark wie etwa in Schwellenländern. Möglicherweise greifen erste Präventions-Kampagnen, die für einen gesunden Lebensstil werben. Doch auch hier gibt es weiterhin viel zu viel ungenutztes Potenzial.
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